Bereits Spider-Man bekam bei Marvel vor zwei Jahren die Geschichte (s)eines Lebens spendiert. Auf knapp 200 Seiten komprimiert, fischte Autor Chip Zdarsky wichtige wie kultige Eckpunkte aus Spideys ereignisreichem Leben heraus und ordnete sie teilweise und behutsam neu an, sodass eine Art alternative Lebensgeschichte des Netzschwingers entstand, in der der Held sogar alterte, quasi in Echtzeit. Das Ergebnis war interessant für alle Spidey Fans, sowohl altgediente, wie auch frische, denen einmal mehr eine Variation der altbekannten Vita Spider-Mans kredenzt wurde, mit neuen Nuancen und Zusammenhängen. Nun sind mit derselben Thematik die Fantastischen Vier an der Reihe, Marvels first family, diesmal neu erzählt von Autor und Routinier Mark Russell (u.a. Batman, Das Jahr des Schurken).
Die sechs Kapitel des Bandes, die den sechs US-Ausgaben entsprechen, beinhalten jeweils ein Jahrzehnt der Geschichte der FV, beginnend natürlich mit den Sechzigern und damit der Origin der Helden-Familie (kosmische Strahlung etc.). Aber gleich hier baut Russell ein Element ein, das sich als roter Faden durch (fast) die komplette Life-Story ziehen wird: bei dem denkwürdigen Raumflug erblickt Reed Richards eine drohende Gefahr wie es sie noch nie gab: den Weltenzerstörer Galactus. Fortan widmet er sein ganzes Forscherleben der Abwehr und Verteidigung des kosmischen Giganten, der – das ist sicher – irgendwann noch in diesem Leben die Erde erreichen wird. Natürlich wird Reed anfangs nicht geglaubt, man belächelt den ewigen Mahner sogar. Sein Privatleben leidet unter dem manischen Forscherdrang, wobei einige vermeintliche Kollegen, wie ein gewisser Victor von Doom, ihr eigenes, gefährliches Forschungs-Süppchen kochen…
Die Galactus-Bedrohung als durchgehendes wie bestimmendes Motiv für Reeds Besessenheit ist clever gewählt. Überhaupt mischt Autor Russell Bekanntes aus der FV-Historie und addiert immer wieder fein dosiert Neues hinzu. So wird der Raumflug der FV in den Kontext des Space Race‘ zwischen den USA und der Sowjetunion gesetzt und in einem wirklich originellen Zug verbindet Russell eine vermeintlich neue Figur mit einer klassischen Lee/Kirby-Story (Klick=Spoiler), in der das Ding die Hauptrolle spielt. Und es gibt noch andere Überraschungen. Freilich geht es manchmal arg schnell, ja sogar sprunghaft zu, vieles wird (zu) kurz angesprochen, etliche der klassischen Gegner fallen komplett unter den Tisch. Dafür immer wieder Galactus und persönliche Tragödien innerhalb des Helden-Quartetts. Somit wieder ein Band, der trotz kleiner Schwächen sowohl für Neuleser als auch für gestandene FV-Fans lohnenswert ist. Wahlweise ist auch wieder eine limitierte Hardcover-Variante des Bandes erhältlich (siehe rechts). (bw)
Fantastic Four: Die Geschichte eines Lebens
Text: Mark Russell
Bilder: Sean Izaakse
196 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
22 Euro
ISBN: 978-3-7416-2835-1