Superman: Die letzten Tage von Superman (Panini)

März 27, 2017

„Ich sterbe.“ Nun, wenn eine Geschichte schon so beginnt, geht sie meistens eher weniger gut aus, zumindest für den, der diese Feststellung trifft. Umso erstaunlicher also, wenn diese Wort von einem kommen, der doch als (nahezu) unverwundbar gilt: niemand anders als der letzte Sohn Kryptons empfängt uns mit dieser Botschaft. Die geht zunächst einmal in Richtung seines vierbeinigen Freundes Krypto, der beobachtet, wie sein Herrchen in der Festung der Einsamkeit Test um Test an sich durchführt, bis es keine andere Auslegung mehr gibt. Was es nun auch war, die Feuergruben von Apokolips, das Kryptonit-Verlies von Argus oder der Kampf mit Ulysses, in dem Superman als ultima ratio einen gewaltigen Sonnenstoss abgab: sein Körper degeneriert unaufhaltsam, seine Kräfte schwinden, kurz: das Ende scheint unabwendbar. Anstelle sich wie ein anständiger Mensch der gepflegten Verzweiflung anheimzugeben, packt Kal-El die Sache allerdings konstruktiv an – indem er sich auf die Suche nach einem würdigen Nachfolger macht, der auch nach seinem Ableben die „Jobs für Superman“ übernehmen kann.

Nebenbei informiert er auch seine Lieben, angefangen von seinem Jugendschwarm Lana Lang über Lois Lane, die seine Lebensgeschichte schreiben soll, bis hin zu Batman, mit dem gemeinsam er seine legitime Verwandtschaft aufsuchen will: seine Cousine, die das Familienwappen weitertragen soll. Auf dem Weg werden die beiden Kumpels allerdings von einer Horde Fabelwesen angesprungen, die offenbar dem chinesischen Tierkreis entlaufen sind – und in Metropolis tritt plötzlich eine durchaus psychopathische Figur auf, die sich augenscheinlich für Clark Kent hält und rigoros sein Recht beansprucht, der wahre Superman zu sein. Gerade will Kal-El seiner Cousine erklären, warum er sein Erbe in ihre Hände legen will, als eine weitere Dame in der Festung der Einsamkeit auftaucht: Diana von Themyscira findet es so gar nicht amüsant, dass ihr Geliebter ausgerechnet sie als letzte von seinem Zustand in Kenntnis setzen wollte.

Aber natürlich bleibt sie an seiner Seite und begleitet Superman und Supergirl nach Stryker’s Island, wo Argus den angeblichen „wahren“ Heino, ähem Superman mittlerweile festgesetzt hat. Den kann die Zelle allerdings nicht lange halten, so dass dem Superteam inklusive Batman nichts anderes übrig bleibt, als dem immer mehr aus dem Ruder laufenden Metawesen in Richtung China hinterher zu rasen, wo es irgendwie herzustammen scheint. Das allerdings entpuppt sich als rechte Schnitzeljagd, denn anstelle von Lösungen findet man nur ein Regierungsprogramm, das unter der Leitung einer gewissen Dr. Omen künstliche „Superfunktionäre“ schaffen soll und sich dafür ganz schlank einer kleinen Menge Blutes des Stählernen bedient hatte. Der durchgedrehte Pseudo-Superman ist dagegen wohl eher das unfreiwillige Nebenprodukt des Sonnenstosses, mit dem Supie dem grimmen Ulysses Mores lehrte. Ganz eng wird es dann, als der zunehmend unkontrollierbare Möchtegern-Superman Lois Lane entführt und nach Salinas, Kalifornien bringt – direkt ins Haus eines gewissen Clark White, der dort mit seiner Frau Lois und seinem Sohn Jonathan lebt. So kommt es dann zur ultimativen Konfrontationen zwischen einem psychopathischen Energiewesen, einem sterbenden Superman – und einem dritten Clark, der das gleiche Familienwappen auf der Brust trägt…

Krypto samt Herrchen in Aktion

Herzlich willkommen in der Welt der Mega-Events! Ihr wisst schon, nichts wird wie früher sein, Spider-Man ist nur ein Klon von Tante May, Batman adoptiert Alfred, und Deadpool ist eigentlich Howard the Duck. In regelmäßigen Wellen werden die Marvel- und DC-Universen neu gestartet, um Charaktere neu gestalten zu können, alte Zöpfe abzuschneiden und nicht zuletzt neue Leser zu gewinnen. Bei DC tat man dies unter anderem mit den New 52 und einem Neustart sämtlicher Serien ab 2011, wobei unter anderem auch ein neuer Mann aus Stahl mit neuer Origin und sozialen Banden vorgestellt wurde. Dass das nicht so ganz flutschte, stellte sich schon beim nächsten Mega-Event Convergence heraus – und so ließ man in der Miniserie „Superman: Lois und Clark“ den „alten“ Stählernen wieder auftreten, Lois heiraten und einen Sohn mit ihr haben. Erklärung: die beiden stammen aus einem untergegangenen Paralleluniversum und agieren im neuen DC-Universum eher im Hintergrund.

So weit, so gut, aber nun steht mit Rebirth der nächste Reboot sämtlicher Figuren und Konstellationen im DC-Universum an: Batman, Superman, Suicide Squad, Justice League – alles, was derzeit im filmischen DC-Kosmos schwirrt, soll neu ausgerichtet und vor allem für neue Leser/Zuschauer verständlich aufgemacht werden. Dafür muss die DC-Welt erst einmal um einige Supermänner ärmer werden, weshalb man 2016 quer durch die Serien Superman, Batman/Superman, Action Comics und Superman/Wonder Woman die achtteilige Storyline „The Final Days Of Superman“ spannte. Das klingt zunächst einmal etwas abschreckend, zumal der Stählerne ja bereits schon einmal 1993 von der Hand Doomsdays starb, um von diversen Nachfolgern beerbt zu werden und dann – überraschenderweise – aus seiner Essenz rekonstituiert zurückzukehren. Dem geneigten Leser sei damit eine gewisse Skepsis verziehen, die allerdings hier in keiner Weise gerechtfertigt ist. Denn den Schreiberlingen gelingt das Kunststück, die Storyline mit genug Spannung und vor allem zwischenmenschlichen Momenten aufzuladen, dass wir durchaus um den Mann aus Stahl bangen und uns wie die wütende Wunderfrau fragen, ob es denn gar keine Heilung geben kann.

Dabei verbinden sich schöne nostalgische Reminiszenzen (Krypto ist immer eine Schau, Batman hat einen regelrechten Zoo in seiner Höhle und muss sich von Clark einmal sogar als „Superfreund“ bezeichnen lassen – welch eine selige Serie! -, Lana Lang wird vom alten Bekannten John Henry Irons geschützt, den mit Lois verheirateten Superman kennen wir natürlich von Erde 2 mit Anleihen an wunderbare Meilensteine – dass der Mann aus Stahl nicht eine schnöde Reporterin, sondern bestenfalls eine echte Amazone umgarnen kann, das war schon die Idee in Alex Ross‘ wunderbarem „Kingdom Come“) mit kleinen politischen und crossmedialen Seitenhieben: das nicht umsonst chinesische Projekt zur Schaffung von „Superfunktionären“ überbrückt sogar den Verlagsgraben hin zur Waffe X aus dem Haus der Wunder.

Vor allem aber überzeugt die Geschichte durch ihre atemlose Geschwindigkeit und fürwahr spektakuläre Inszenierung: da erscheint die Supergeschwindigkeit als Schemen, in bevorzugt doppelseitigen Panels kracht der schwächelnde Superman auf Batmas Gleiter, die Kampfszenen sind durchaus episch – und Wonder Woman kann man getrost als Hingucker so stehen lassen. So liefert dieser Band, der gemeinsam mit der Miniserie „Superman: Lois und Clark“ den Auftakt zu den Superman-relevanten Ausläufern von Rebirth gibt, einen überraschend gelungenen und schmissigen Beitrag zum Megaevent-Kanon. Nach all den Klonen und Wiederauferstehungen ist das doch mal was! (hb)

Superman: Die letzten Tage von Superman
Text: Pete Tomasi
Bilder: Doug Mahnke, Ed Benes u.a.
196 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
19,99 Euro

ISBN: 978-3-7416-0101-9

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