Paris im Jahre 1937: Juliette de Santeloi, inzwischen eine junge Dame, schließt ihr Studium an der Sorbonne erfolgreich ab und setzt sich das ehrgeizige Ziel, Reporterin zu werden. Ihr Vater, der angesehene Reeder, hat inzwischen mit Gustave Noirhomme einen neuen Teilhaber gefunden. Ihre Reederei ist spezialisiert auf den Transport von Erdöl. Die Zeiten sind nicht einfach und so kommt das Angebot der Deutschen an einer Kapitalbeteiligung nicht ungelegen. Noirhomme ist begeistert und auch Vater de Santeloi ist geneigt, zuzustimmen. Doch Juliette, die aufgrund ihrer Volljährigkeit Mitspracherecht bei Anteilsverkäufen hat, lehnt kategorisch ab. Keine Geschäfte mit den Nazis! Während Juliette gemeinsam mit ihrer besten Freundin Lea das Pariser Nachtleben und einen ersten Verehrer kennen lernt und gleichzeitig einen Job als Reporterin sucht, laufen im Hintergrund gefährliche Intrigen, die ihr Leben einmal mehr radikal verändert werden…
Zuerst sollte man wissen, dass es sich bei der Geschichte um Juliette um den Auftakt einer Spin-Off Reihe handelt. In Band 25 der Serie „Spirou und Fantasio Spezial“, der 1929 spielt und der in einer Art Prequel zeigt, wer und was Zeichner Rob-Vel zu seinem Spirou inspirierte, trafen wir Juliette zum ersten Mal. Als zerbrechliche, kranke Vierzehnjährige knüpfte sie auf der denkwürdigen Amerika-Überfahrt zarte Bande mit dem Schiffsjungen Ptirou, mit durchaus tragischem Ende. Jetzt sind einige Jahre vergangen. Juliette ist eine selbstbewusste, intelligente junge Dame, die ihre Krankheit im Griff hat und die ihrem aristokratischen Vater (man siezt sich nach wie vor) durchaus auch die Stirn bietet. Ihre mutige Entscheidung, Reporterin zu werden, wird dabei belächelt, bis sie tatsächlich eine Stelle in einer linken Zeitungsredaktion ergattert (und dabei das „de“ im Namen geflissentlich unterschlägt).
Autor Yves Sente (u.a. „Thorgal“, „Blake und Mortimer“) und Zeichner Laurent Verron („Boule & Bill“) verwenden hier einige bewährte Motive aus ihrem überaus gelungenen Spezial-Band. So rahmt Onkel Paul als Erzähler das Geschehen wieder ein und am Ende trifft Juliette erneut auf einen gewissen Robert Velter, der als Rob-Vel gerade eine Comic-Figur erfunden hat, die später zur Ikone werden sollte. Die „Besetzung“ des Spezial-Bandes ist auch wieder fast komplett am Start, inklusive des Deutschen Strippenziehers Ernst von Riblach. In der Story des Bandes vermischen dann Sente und Verron gekonnt Elemente aus Thriller, Krimi und Spionage mit einer unerschrockenen, ehrgeizigen Jung-Reporterin als Hauptperson, die eine erste große Story wittert, welche auch ihre eigene Familie betreffen wird. Historische Ereignisse, wie die Pariser Weltausstellung oder die angespannte Situation kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, spielen auch eine gewichtige Rolle. Und ein gelungener Twist wird ebenfalls serviert. (bw)
Mademoiselle J.- Eine Frau. Ein Jahrhundert, Band 1:
1938: Ich werde niemals heiraten
Text: Yves Sente
Bilder: Laurent Verron
64 Seiten in Farbe, Softcover
Carlsen Verlag
12 Euro
ISBN: 978-3-551-76629-8