Die Abenteuer von Blake und Mortimer, Band 20 (Carlsen)

März 18, 2016

Blake & Mortimer, Band 20 (Carlsen)

Frühjahr 1944. Der Zweite Weltkrieg tobt. Auf einem Flugzeugträger der Royal Navy dient Captain Francis Blake, einer der besten Piloten der Truppe. Nur mit Not kann er einen heiklen Einsatz erfolgreich abschließen, als er eine deutsche Horton 229 jagt (die tatsächlich über den Prototypen-Status nie hinausging – siehe auch HIER), einen neuartigen Düsenjet, der das Parlament in London als Angriffsziel hat. Nach dieser waghalsigen Aktion wird der Geheimdienst auf ihn aufmerksam. Dort ist man höchst beunruhigt. Denn geheime Filmaufnahmen zeigen im Himalaya verborgen eine ganze Armada startbereiter riesiger Raketen. Man rechnet bereits mit einem Weltkrieg nach dem Weltkrieg, den das Gelbe Reich unter seinem Kaiser und Diktator Basam-Damdu anzetteln könnte, wenn die Großmächte durch den ‚aktuellen‘ Krieg ausgeblutet und erschöpft sind.

Als präventive Gegenmaßnahme plant die britische Regierung ebenfalls die Entwicklung geheimer Waffen auf noch geheimeren Basen. Eine davon, im englischen Lake District gelegen, sucht Blake auf und trifft dort Chefingenieur Professor Mortimer wieder – beide begegneten sich bereits in ihrer Jugend. Gemeinsam reisen sie nach Bletchley Park, dem Zentrum der britischen Gegenspionage, wo man den deutschen Nachrichtenverkehr entschlüsselt. Bald stellt sich heraus: in Bletchley muss es Spione geben. Einen davon erwischen die Freunde in flagranti – er kann aber unerkannt entkommen. Blake begegnet erstmals Colonel Olrik, einem arroganten wie unsympathischen Ungar, der aber aufgrund seines logisch-strategischen Denkens wertvolle Dienste leistet. Ehe die Spione enttarnt sind, werden Blake und Mortimer in geheimer Mission nach Gibraltar entsandt, wo sie mit neuartigen Bojen eine ganze alliierte U-Boot Armada simulieren und so vom der geplanten Invasion in der Normandie ablenken. Sie ahnen nicht, dass sie von der Spionage-Affäre in Bletchley eingeholt werden und dabei in ein Wespennest stechen. Denn das Gelbe Reich bleibt nicht untätig…

„Der Stab des Plutarch“ (was es mit dem Titel auf sich hat ist raffiniert und wird nicht verraten) spielt 1944 und ist ein Prequel zu Edgar P. Jacobs epischem Serienauftakt „Der Kampf um die Welt“ der in den Jahren 1946/1947 spielt und entstand (eine erste Albenausgabe folgte 1950 bis 1953 in drei Teilen). Yves Sente und André Juillard zeigen hier erstmals, unter welchen Umständen Blake zum britischen Geheimdienst kommt. Auch die erste Begegnung mit Olrik, dem Lieblingsfeind der beiden, wird geschildert. Somit ist der Band auch für Neueinsteiger in die Serie geeignet.

Die Handlung ist dicht und komplex, ein Eindruck, der durch den realen geschichtlichen Hintergrund noch verstärkt wird. Die Briten, bzw. die Alliierten müssen sich nicht nur mit den Deutschen herumschlagen und versuchen, von der bevorstehenden Invasion in der Normandie abzulenken, sondern müssen sich auch vorausschauend auf die drohende Gefahr vorbereiten, die durch die mächtigen Raketen und Machtansprüche des fiktiven Gelben Reichs besteht, das in Tibet verortet ist. Dessen Agenten sind einerseits erpicht, die Pläne von Mortimers fortschrittlichen Waffenentwicklungen zu stehlen, andererseits will man sowohl Achsenmächte als auch Alliierte gegeneinander ausspielen und so schwächen, um später leichteres Spiel zu haben, wenn es um die angepeilte Weltherrschaft geht. Wer wissen will, wie es mit der Story weiter geht: „Der Kampf um die Welt“ ist, wie die komplette Serie, ebenfalls bei Carlsen erhältlich.

Im sechsten „Blake und Mortimer“-Album aus der Feder André Juillards genießen wir einmal mehr die andere Zeichner-Seite des großartigen Künstlers. Kennen wir ihn ursprünglich von seinen klaren, aber realistischen Zeichnungen in dezent abgestuften Farben, mit denen er mit „Die 7 Leben des Falken“ berühmt wurde (zuletzt „Lena und die drei Frauen“, erschienen bei Salleck), zeigt er hier eindrucksvoll, dass er sich dem klassischen Ligne Claire Stil eines Edgar P. Jacobs unterordnen kann, ohne jedoch seine zeichnerische Identität aufzugeben. Ganz in der Tradition der stilbildenden Serie sehen wir so viereckige Sprechblasen, in die mitunter ganz schön viel Text und Information gepackt sind. Sente setzt im Laufe der Handlung etliche Puzzleteile der Handlung sinnig und logisch zusammen, kein Detail wird vergessen. So entsteht ein Spionage-Abenteuer der alten Schule, ein echtes Lesevergnügen, das erfolgreich das Flair der alten Geschichten ausstrahlt, ohne eine bloße Kopie zu sein. Traditionell erscheint der Band auch bei Eckart Schotts Salleck Publications als limitierte Vorzugsausgabe mit zusätzlichen Seiten und signiertem Druck. (bw)

Die Abenteuer von Blake und Mortimer, Band 20: Der Stab des Plutarch
Text: Yves Sente
Bilder: André Juillard
64 Seiten in Farbe, Softcover
Carlsen Verlag
12 Euro

ISBN: 978-3-551-02340-7

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