Usagi Yojimbo, Band 12 (Dantes Verlag)

September 20, 2019
Usagi Yojimbo, Band 12 (Dantes Verlag)

Japans Throninsignien sind speziell. Das beginnt schon damit, dass niemand weiß wie sie aussehen. Weder die Halskette aus krummen Edelsteinen, der heilige Spiegel, noch das Schwert sind der Allgemeinheit zugänglich. Nur der Kaiser, der Tenno, bekommt sie zu Gesicht. Es existieren keine Fotos und erst recht keine wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Artefakte. Sie sollen uralt sein, ihre Herkunft verliert sich in alten Mythen und Sagen, die Götter selbst spielen dabei eine wichtige Rolle. Das Schwert, das Kusanagi no Tsurugi („Grasschneider-Schwert“) genannt wird, soll bei der Seeschlacht von Dan-no-ura im Jahre 1185 verloren gegangen sein, was bedeuten würde, dass es sich bei dem heutigen Gegenstand um eine Replik handelt. Aber auch hier ist man sich nicht so sicher. Und der Tenno schweigt selbstredend dazu… Stan Sakais Epos „Kusanagi“, das den kompletten Usagi Band 12 ausfüllt, greift genau diese Thematik auf: das Symbol-trächtige Schwert ist versunken, seit nunmehr über 400 Jahren. Viele haben es gesucht, alle erfolglos.

Was sich nun ändert: Fürst Kotetsu, der Rädelsführer der Verschwörung der Acht, hat einen Weg gefunden, das Schwert auf dem Meeresboden zu orten und zu bergen. Mit Hilfe der unheimlichen Hexe Ryoko, die die magische Fähigkeit besitzt, andere Lebewesen „fernzusteuern“. So auch die Krabben, die zu tausenden den Meeresgrund in Ryokos Auftrag absuchen. Das Ziel der Verschwörer: den regierenden Shogun zu stürzen und den Tenno wieder als Herrscher des Landes zu installieren, mit Hilfe des Schwertes, das damit wieder alle Throninsignien vereint. Und tatsächlich finden die Krabben das Kusanagi-Schwert, sogar recht schnell. Aber als sie es ans Ufer bugsieren, sind da nicht Kotetsus Leute, um es in Empfang zu nehmen, sondern Usagi, der mal wieder zufällig zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Anfangs weiß Usagi nicht, was er da in Händen hält, er vermutet nur, dass es sich um das sagenhafte Kusanagi handelt.

Sein Fund setzt natürlich sofort diverse Aktivitäten in Gang, in die fast das gesamte Serien-Ensemble involviert ist (minus Blind-Schwein Zato-Ino und Fürst Hikiji). Wobei alle Figuren irgendwie mit dem Schwert zu tun bekommen und/oder damit interagieren: Gen, der Kopfgeldjäger, die Schwertkämpferin Inazuma, der unheimliche Jei, der mit der jungen Keiko unterwegs ist, Fürst Noriyuki, Chef der Geishu-Provinz und dessen ergebene Dame Tomoe. Und später gesellt sich auch noch der Ex-General Ikeda dazu, der nun als Bauer untergetaucht ist. Aber der Reihe nach: Nachdem Usagi die Schergen von Kotetsu abwehren konnte, macht er sich mit dem Schwert auf in Richtung Geishu-Provinz. Dort will der jugendliche Fürst Noriyuki dem neuen Shogun, dem er treu ergeben ist, seine Aufwartung machen. Mit dem Schwert im Besitzt des Fürsten Noriyuki wäre Kotetsu gleich zu Beginn seines Verschwörer-Plans komplett gescheitert. Also lässt er das Gefolge des Fürsten, in dem es auch einen Verräter gibt, angreifen. Doch Usagi und Tomoe können Noriyuki gerade noch retten und sind fortan auf der Flucht. Mit Schwert.

Später wechselt das Schwert mehrmals seinen Besitzer. Jede Figur hat ihren Auftritt, wobei Usagi stets im Zentrum des Geschehens bleibt. Bald erweist sich der unheimliche Jei als härtester Gegner, der dann auch das apokalyptische Finale mitbestreitet. Stan Sakei zeigt sich mit „Kusanagi“ einmal mehr als meisterlicher Erzähler, der nicht nur Kurzgeschichten beherrscht. Sein Epos startet mit gleich vier Prologen, die ganz weit ausholen und einen Einblick in alte japanische Mythologie geben, während sie die Geschichte des Schwertes bis zu dessen Verlust schildern. Als es dann 1605 wiedergefunden wird, zeigt sich dessen passive Macht, denn ähnlich wie beim Südstaatengold in dem ewigen Blueberry-Zyklus dreht sich die Handlung ausschließlich um das Schwert, das die weitere Geschichte Japans entscheidend beeinflussen kann. Die Story wird komplexer und verschachtelt, springt zwischen den verschiedenen Handlungsfäden und Schauplätzen hin und her. Dabei bleibt sie stets spannend, dramatisch, höchst abwechslungsreich und wird immer wieder mit Scharmützeln und überlegt orchestrierten Kämpfen „aufgelockert“. Nicht umsonst wurde der Band 1999 mit dem Eisner Award, dem Comic Oscar, ausgezeichnet. (bw)

Usagi Yojimbo, Band 12: Kusanagi
Text & Bilder: Stan Sakai
264 Seiten in schwarz-weiß, Softcover
Dantes Verlag
22,95 Euro

ISBN: 978-3-946952-27-5

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