Wird jetzt tatsächlich alles gut? Denn am Ende des letzten Bandes fiel es Dylan wie Schuppen von den Augen: der Dämon, der ihm bei seinem Selbstmordversuch das Leben rettete und dafür in einer Art Faustpakt monatlich einen Mord von Dylan einfordert, existiert nicht. Er war lediglich eine Halluzination, in Dylans Gehirn verankert, weil die Gestalt des Dämons einst sein Vater, der Cover für Pulp-Magazine entwarf, als Motiv nutzte. Also ist jetzt Schluss mit den Morden, oder? Nach einem regenerativen Aufenthalt bei seiner Mutter trifft Dylan sogar Kira, seine Ex wieder und langsam scheint er erneut zarte Bande zu ihr zu knüpfen. Dylan könnte tatsächlich davonkommen. Wäre da nicht die blutige Anfangssequenz, die uns eines Besseren belehrt. Hier sehen wir Dylan wieder in seinem Rächer Outfit, wie er mit seiner Schrotflinte ein wahres Blutbad anrichtet. Und warum? Gerade als er mit Kira Halloween feiern will, trifft er auf einen Russen, der noch immer Nachforschungen über den Killer (also Dylan) anstellt und der von Kira erfahren hat. Dylan tötet den Russen und beschließt – auch zum Schutze Kiras – sich das Problem mit der Russen-Mafia nun endgültig vom Halse zu schaffen…
Alle Zutaten, die bereits die Vorbände auszeichneten, sind auch hier vorhanden. Vor allem die prägnante Erzählweise, die gerne vorausgreift – was natürlich neugierig macht – und dann im Nachhinein die Geschehnisse erklärt. Dies übernimmt Dylan stets selbst. Denn er berichtet für den Leser, wendet sich auch direkt an ihn, offenbart ihm seine Gefühlswelt und seine Beweggründe, auch gerne ausführlich am Seitenrand. Der Schritt, den Dämon als imaginär zu enttarnen, ist von Autor Ed Brubaker zwar mutig, aber auch konsequent gewählt, sorgt er doch für eine gelungene Überraschung und Wendung. Dennoch bleiben leise Zweifel, denn der Dämon beschäftigt Dylan auch weiterhin, wenn auch anders. Und wenn er doch real wäre? Was hier in diesem vorletzten Band etwas schwer zu verkaufen ist, ist Dylans Vendetta an den Russen (die Polizei-Ermittlungen, die im letzten Band in Gestalt der Polizistin Lily Sharpe eine Rolle spielten, werden hier komplett ausgeklammert), die ihn ja schon seit den Geschehnissen in Band 1 auf dem Kieker haben. Gerade als sein Normalo-Leben wieder die Oberhand zu gewinnen scheint, merkt er, dass ihm die Russen näher sind, als je zuvor. Was auch für Kira gefährlich werden kann.
Also startet Dylan, inzwischen Kampf und Mord erprobt und entsprechend skrupellos, eine allein-gegen-alle Aktion, die in ihrem Entstehen – das Auskundschaften und Planen geht alles recht schnell und problemlos – leicht unrealistisch wirkt (in der Tat, ein starkes Wort angesichts der bisherigen Handlung, inkl. Dämon), die Story aber weiter vorantreibt. Dylan braucht also keinen Dämon mehr zum Killen und die potentiellen Opfer – eh alles Ganoven – haben den Tod sowieso verdient. Überhaupt – auch das ein Stilmittel der Serie – schaffen es Ed Brubaker und Sean Phillips, dass man für einen Killer Sympathie empfindet. Der arme Kerl, der kann halt nicht anders, der Dämon zwingt ihn. Kann er schon, wie wir jetzt sehen. Vielleicht will er das ja auch, die Macht der Gewohnheit. Die Zeichnungen sind wieder schön finster (inkl. schwarzer Seitenränder), ausdrucksstark und die Action gewohnt blutig, mit einer überaus stimmigen Farbgebung von Elizabeth Breitweiser. Dies ist der vorletzte Band der Reihe und wir sind gespannt, ob die Autoren zum Abschluss noch einen Storytwist in petto haben, ob Dylan für seine Taten noch büßt oder ob er tatsächlich ungeschoren davon kommt. Der Abschluss erscheint im Februar nächsten Jahres. (bw)
Kill or be killed, Band 3
Text: Ed Brubaker
Bilder: Sean Phillips, Elizabeth Breitweiser (Farben)
112 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
19,80 Euro
ISBN: 978-3-96219-035-4