The Discipline, Band 1 (Panini)

Juni 4, 2018

Melissa Peake ist 23 und lebt in New York ein sorgenfreies Leben. Eigentlich. Denn ihr Mann Andrew, ein erfolgreicher Workaholic, will von ihr nichts mehr wissen und vernachlässigt sie. Im Klartext: Melissa ist zwar „klug, aber sexuell und emotional unbefriedigt“. Genau dies sind auch die Gedanken des attraktiven Orlando, der die junge Dame auch genau deshalb im Visier hat. Denn Orlando gehört zur Disziplin. Er ist auch kein Mensch, sondern eines jener uralten Wesen, die als „Disziplin“ im Verborgenen leben. Orlando will Melissa rekrutieren, sie zur einer der Seinen machen. Die Mittel dazu: Sex und Ekstase. So umgarnt er Melissa, lockt sie und verschmäht sie abwechselnd, um ihr Verlangen zu stärken. Blöd nur: die Disziplin führt seit Jahrhunderten einen Krieg mit den Stalkern. Auch die sind Gestaltwandler, wüste Gesellen, auch die benötigen Sex, um sich einen neuen „Wirt“ suchen zu können. Und einer dieser Stalker hat es nun natürlich auf Melissa als vermeintlich leichtes, weil unerfahrenes Opfer abgesehen. Doch die weiß sich durchaus zu wehren…

Bringen wir die Handlung auf einen Nenner, haben wir hier einen Dauer-Krieg zwischen zwei mythischen Gruppen, die – nur leicht modifiziert – als Vampire und Werwölfe zu identifizieren sind. Die einen sind schlank, groß und dünn, mit spitzen Knochen und langen Köpfen, optisch durchaus elegant und damit grazilen Aliens ähnelnd. Die anderen, die Stalker, sind kräftige, zottelige Wesen, vermeintlich tumb und grob. Wo man herstammt, warum man sich bekriegt – natürlich im Verborgenen und fernab vor den Blicken der Menschen – bleibt noch weitestgehend im Dunkeln, genauso wie der Grund, warum Orlando die junge Melissa rekrutiert, gegen alle Bedenken des Rates der Disziplin, der jeweils in einer Zeitlinie seiner Wahl beheimatet scheint. Vielleicht ist es doch Liebe? Wir werden sehen. Neben diesem sattsam bekannten wie abgewandelten Genremotiv (Vampire gegen Werwölfe) lässt Autor Peter Milligan (u.a. Hellblazer, Green Lantern) ein weiteres starkes Element einfließen, das immer wieder zum entscheidenden Faktor wird: Sex.

Sex ist nötig, sowohl für die Disziplin, als auch für die Stalker. Die benötigen den Akt, um eine neue menschliche Gestalt (nämlich die ihres Partners, klar) anzunehmen, während bei der Disziplin die Verführung als eine Art Initiationsritus daherkommt – je doller, je besser, je gründlicher. Damit hält auch ein Schuss „Fifty Shades of Grey“ Einzug in Story: Melissa ist zwar offenbar clever (und übrigens wie Frau Steele im Literaturbetrieb tätig), legt aber eine bewundernswerte Naivität an den Tag, eben wenn sie von Orlando in ein Schlachthaus statt in ein romantisches Hotelzimmer verfrachtet und ein ums andere Mal von ihm wieder aufs Übelste versetzt wird. Trotzdem haben wir hier keine Sex- oder gar SM-Schmonzette. Der Band ist zwar freizügig, bisweilen auch explizit – die Erotik-Komponente bleibt dabei meist ein nüchternes Mittel zum oben genannten Zweck. Das liegt auch am flächigen Einsatz von Schwarz, mit dem Zeichner Leandro Fernández die oft nächtlichen Geschehnisse zusätzlich verdüstert. Seine Bilder erinnern wie bereits schon in „The Old Guard“ in ihrer Klarheit und Präsentation an den Stil eines Eduardo Risso – wahrlich nicht der schlechteste Vergleich. Fazit: „The Discipline“ liest sich gut und spannend, bringt aber bisher nicht wirklich etwas innovativ Neues. Warten wir mal Band 2 ab. (bw)

The Discipline, Band 1: Die Verführung
Text: Peter Milligan
Bilder: Leandro Fernández, Cris Peter (Farben)
148 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
17 Euro

ISBN: 978-3-7416-0658-8

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