Lucky Luke, Band 96 (Egmont)

April 6, 2018

Jeder fängt mal klein an. So auch der Mann, der bekanntlich schneller zieht als sein Schatten: Achdé, der die legendäre Serie des großen Morris seit 2011 sorgfältig und liebevoll betreut, greift im neuesten Band um den Lonesome Cowboy wieder zurück in die Jugendjahre unseres Lieblings-Westerners. Wie schon in den Bänden 89 („Lucky Kid“), 91 („Ein starker Wurf“) und 94 („Martha Pfahl“) erzählt Achdé in kurzen, einseitigen Cartoon-Stories kleine Abenteuer, Kuriositäten und Vignetten aus dem Leben von Lucky Kid. Der macht wieder mal seiner Ziehmutter Tante Martha Kopfzerbrechen, weil er ein Rodeo im Wohnzimmer veranstaltet; gemeinsam mit seinen Kumpels Kleiner Kaktus, Billy Bad, Dopey und Paquito probiert er sich am Grashalmkauen; erste Cowboy-Allüren gehen bei einer Übernachtung im Freien gehörig in die Binsen; Lucky müht sich um seinen Schwarm Joannie Molson; und sogar die Sache mit dem eigenen Schatten wird Thema, wobei der kleine Luke noch mit einer Schleuder und nicht mit dem Colt um sich ballert.

Spätere Wegbegleiter wie Jolly Jumper geben sich dabei schon die Ehre, und wie stets endet jede Seite mit einer lehrreichen Weisheit für die Zielgruppe der vorwiegend kleinen Leser: da erfahren wir zum Beispiel, dass das Nachladen eines Gewehrs im Sezessionskrieg über eine Minute dauerte, dass sich Cowboys gerne mal zu zehnt eine Badewanne teilten (örks!) oder dass ein Indianerbogen seinen Pfeil stolze 200 Meter weit schießen konnte. Die einzige Ausnahme in diesem Reigen bildet die Auftaktepisode, die sich über mehrere Seiten erstreckt und ein durchaus ernsthaftes Thema aufgreift. Der erwachsene Lucky Luke nimmt sich da eines kleinen Pimpfs an, den ein Bekannter mit in die Stadt genommen und dann vor dem Saloon schlicht vergessen hat. Unser Held bringt den zeternden Kleinen nach Hause und kommt mit der Dame des Hauses ins Gespräch, da er sich doch einigermaßen wundert, dass diese sich zwar um das Kind kümmert, aber nach eigener Aussage nicht die Mutter ist. Ein Findelkind war es nämlich, das der Witwe seinerzeit zur Pflege übergeben wurde.

Auf die Frage, ob das Kind, den sie „Tom Thumb“, also kleinen Däumling, nennt, denn nicht ein Recht habe, die Wahrheit zu erfahren, antwortet Luke mit seiner eigenen Geschichte: auch er fragte sich beim Heranwachsen, warum er die liebe Martha und den guten Elias denn nicht mit Mama und Papa, sondern mit Tante und Onkel ansprechen soll. Die stürzt das in tausend Nöte, bis Lucky Kid selbst einsieht: es geht eher darum, wie man behandelt wird, als darum, ob das nun von den leiblichen Eltern oder einer liebevollen Pflege-Familie übernommen wird. Diese herzerwärmende Einsicht kommt dann auch ganz ohne lehrreiche Zusatzinformation aus dem wilden Westen aus, sondern spricht voll und ganz für sich selbst. Achdés Stil steht dabei wie immer in wunderbarer Tradition von Morris, dessen Werk in diesen Händen eine ebenso würdige Fortführung erfährt, wie das mittlerweile auch bei den neuen Abenteuern von Asterix gelingt. Fein! Wie gewohnt erscheint der Band sowohl in einer Soft- als auch einer Hardcover-Variante. (hb)

Lucky Luke, Band 96: Mitten ins Schwarze
Text & Bilder: Achdé
48 Seiten in Farbe, Hardcover
Egmont Comic Collection
12 Euro (Hardcover)
6,90 Euro (Softcover)

ISBN: 978-3-7704-3988-1

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