Wieder sind fünf Jahre vergangen. Inzwischen schreiben wir das Jahr 2114 und der bleiche Bailey, der sich nun Captain Bailey nennen lässt, hat das Kommando übernommen und die meisten Siedlungen der Menschen, die einen perversen Pakt mit den Gefirmten eingehen mussten, wieder von ihrem Joch befreit. Die Gefirmten, das sind inzwischen die konditionierten Infizierten – Smartbillys genannt – die sich zivilisierter benehmen und damit für die überlebenden Menschen noch viel gefährlicher sind. Die Teil des perfiden Plans des Massenmörders Beau Salt sind, den dieser vor nunmehr über hundert Jahren lancierte und der in Band 1 so verheerend in die Tat umgesetzt wurde. In einer dieser Siedlungen findet die Archivarin Future Taylor ein bisher unbekanntes, verschlüsseltes Tagebuch Beau Salts, in dem dieser sein Vorgehen und seine weiteren Pläne schildert. Future gelingt es zwei Kapitel zu dekodieren und spürt, dass sich weiteres Unheil zusammen braut. Wie recht sie dabei behalten sollte, wird sie später selbst erschrecken.
Dritter und (vorerst) letzter Band der Crossed-Nebenserie, die hundert Jahre später spielt und die von Alan Moore so faszinierend konstruiert und vorbereitet wurde. Wieder einmal haben die Menschen sich von den letzten Rückschlägen erholt und sind sogar durch Bailey in die Offensive gegangen. Zaghaft stellt sich der Fortschritt ein. Es gibt wieder Funk, mit dem die Siedlungen untereinander kommunizieren. Sogar eine Eisenbahnlinie existiert inzwischen und der Handel mit den Gapplern blüht. Gappler – das sind die Leute vom Big Apple, also New York, das inzwischen zumindest teilweise im Wasser liegt (auch die Natur spielte offenbar verrückt). Und wieder einmal trügt die Ruhe. Future spürt, dass etwas in der Luft liegt, kann sich auf die vermehrten Zeichen aber noch keinen Reim machen: die seltsamen Funk-Interferenzen, die entschlüsselten Kapitel von Salts perverser Schrift, die kryptischen Aussagen eines gefangenen Smartbillys. Dabei überraschen Future und ihr Geliebter Mustaqba den Leser, denn sie haben ein infiziertes Baby verschont, heimlich adoptiert und inzwischen sogar lieb gewonnen.
Auch in Band 3 der postapokalyptischen Reihe wird schnell klar, dass es für die Menschen keine Ruhe gibt. Ironischerweise werden die Infizierten für sie immer gefährlicher, je mehr sie sich ihnen anpassen und die sichtbaren Grenzen zwischen Gut und Böse so immer diffuser werden. Selbst Future beherbergt das Infizierten-Kind, immer in der Hoffnung, in ihr das Gute zu sehen und hervorzuholen. Dazu kommen die Hilltriber, eine neue Gruppe, deren Verhalten und Standpunkt hinsichtlich Menschen und Gefirmten für Future Rätsel aufgibt. Am Ende, das wieder einen Story-Twist bringt, soll Future einmal mehr recht behalten, aber wieder ganz anders als vermutet. Denn die Rollen der beteiligten Gruppen sind anders verteilt als gedacht. Auch in diesem letzten Teil fordert die seltsame Sprache den Leser. Denn nicht nur die Menschen, auch deren Sprache hat sich in den letzten hundert Jahren verändert, wurde kompakter, zweckdienlicher. Man denkt nicht, man hirnt; man schläft nicht, man pritscht. Ein Glossar wäre hier durchaus hilfreich gewesen.
Zeichnerisch teilen sich Rafael Ortiz, der Band 2 bereits mitgestaltete, und Martin Tunica den Band. Während Ortiz´ Panels einen nervösen und skizzenartigen Strich zeigen, sind Tunicas Zeichnungen bestimmter und klarer. Die einzelnen Kapitel tragen wieder die Titel von existierenden Science Fiction Romanen und als Bonus gibt’s die Cover der US-Hefte, die u.a. originelle Hommagen an Kubricks Weltraum-Odyssee und Gustav Klimt enthalten. Dies ist der letzte Band der Serie, die in den USA mit der Nr. 18 beendet wurde. Dennoch bleiben viele Fragen offen, etliches bleibt ungeklärt, so auch das Schicksal Futures und ihrer „Tochter“. Vielleicht geht es ja irgendwann weiter. Auch dieser letzte Band ist alternativ im HC-Format in einer limitierten Variante erhältlich. (bw)
Crossed + Einhundert, Band 3
Text: Simon Spurrier
Bilder: Rafael Ortiz, Martin Tunica
148 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
19,99 Euro