Der Krieg der Knirpse, Band 2 (Panini)

Juli 27, 2016

Krieg der Knirpse, Band 2 (Panini)

Inzwischen schreiben wir das Kriegsjahr 1915. Die Lulus – Waisenkinder namens Ludwig, Lucas, Luigi, Lucien und Luce, die die Evakuierung ihres Heims verpasst haben und vor dem Krieg in den Wald geflohen sind – haben einen seltsamen Fang gemacht, der sich als Gold wert erweisen wird: Hans, ein Deutscher Soldat. Wie sich herausstellt, ist Hans nicht verletzt. Das Blut an seiner Uniform stammt von einem gefallenen Kameraden. Und: Hans ist desertiert, er hat genug vom Krieg, was er anschaulich beweist, indem er sein Gewehr zerstört. Nach anfänglicher Skepsis freunden sich die beiden völlig ungleichen Seiten an. Hans bleibt im Baumhaus bei den Kindern. Er lernt Französisch und ist eine wertvolle Hilfe beim Überstehen der kalten Jahreszeit. Er gibt wertvolle Tipps, hilft bei der Erweiterung der Hütte und mauert sogar einen Ofen. Hans und die Kinder bauen gegenseitiges Vertrauen auf. Er wird zum väterlichen Freund und Helfer, wobei er die Kinder nicht als solche behandelt, sondern als eine Art Mentor auftritt. Aber beide Seiten wissen: Hans hat eine Frau in der deutschen Heimat, die zu Beginn des Krieges schwanger war. Und irgendwann in naher Zukunft will und muss Hans zurück zu seiner Familie…

Im zweiten Band dreht sich alles um den ungleichen Neuankömmling. Wie die Kinder ist sich Hans seiner Außenseiterrolle selbst bewusst. Er geht als Deserteur ins freiwillige Exil, ist sicher anfangs froh, bei den Lulus einen unerwarteten Unterschlupf zu finden. Nachdem er die Kinder recht schnell von seinen friedlichen Absichten überzeugt hat, entsteht in kurzer Zeit eine enge Freundschaft. So unterschiedlich man auch sein mag, inkl. Sprachbarriere, beide Parteien befinden sich in einer Extremsituation und finden so die (Schützen-) Gräben überwindend zueinander. Für die Kinder weht noch immer ein Hauch Abenteuer durch ihren Wald-Alltag, während Hans‘ Überleben davon abhängt, nicht gefunden zu werden (Deserteur = Erschießen). Er wird zum gleichwertigen Mitglied der Rasselbande und genießt sicher eine Zeit lang das unbeschwerte kindliche Leben, wobei er den Kindern auch – vor allem Luce –das Erwachsenen-Dasein erklärt. Als Nahrung knapp wird, fasst man gemeinsam einen wichtigen Entschluss und wagt sich sogar in die Nähe der Deutschen, was gerade nochmal so gut geht. Und gleichzeitig ein Menetekel von dem ist, was noch kommen wird.

Der Abschied von Hans geht dann nicht nur den Lulus nahe. Auch der Leser erkennt schmerzlich, dass Freund- und Feindschaft gerade im Krieg nur einen Steinwurf voneinander entfernt sind und die bittere Realität des Krieges erbarmungslos zurückschlägt. Am Ende ändert sich wieder einmal alles für die Lulus, die mit einem male nicht nur ihre Kindheit aufgeben sondern auch unangemeldet in die Welt der Erwachsenen treten müssen. Régis Hautière erzählt hier erneut eine herzerwärmende Geschichte um Freundschaft in unwirtlichen Zeiten, die schließlich keine Chance hat und vom Krieg eingeholt wird. Hardocs Zeichnungen, in denen das Grün der Natur vorherrscht, sind nicht die detailliertesten oder gar realistischsten, aber er trifft in seiner Mischung aus Realismus, historischen Hintergrund und leichten Funny-Anleihen bei den Personen immer den richtigen „Ton“ und die richtige Stimmungslage. Was die Reihe insgesamt zu den Highlights des Panini-Albenprogramms zählen lässt. In Frankreich/Belgien bei Casterman steht bereits Band 4 (1917) vor der Tür, Band 3 (1916) heißt im Original „Le Tas de Briques“ (Ein Haufen Ziegelsteine) und ist bei Panini in Vorbereitung. (bw)

Der Krieg der Knirpse, Band 2: 1915: Hans
Text: Régis Hautière
Bilder: Hardoc
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Panini Comics
14,99 Euro

ISBN: 978-3-95798-700-6

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