Bevor sie so richtig durchstarteten, kamen die Herren Yann und Conrad für eine bemerkenswerte Serie zusammen. Yann wurde danach berühmt mit seinen Arbeiten u.a. für Spirou, Marsupilami und Pin-Up (als Balac schrieb er auch Sambre), während Didier Conrad das richtig große Los zog und neuer Asterix-Zeichner wurde. Gemeinsam sind beide auch die Väter der großartigen Serie ‚Helden ohne Skrupel‘. Die Reihe, um die es hier geht, heißt ‚Bob Marone‘ und ist – Kenner wissen das – eine Parodie (Vernes nennt es Hommage) an den im franko-belgischen Raum beliebten wie bekannten SF-Helden Bob Morane, den Autor Henri Vernes, inzwischen stolze 97 Jahre alt, bereits 1953 ersann. Die bekannteste Comicadaption stammt von Zeichner William Vance (XIII, Bruce J. Hawker), der zahlreiche Alben gemeinsam mit Vernes gestaltete.
In ‚Der weisse Dinosaurier‘ werden unsere Helden, der arg klein geratene Bob Marone und der bullige Schotte Bill Gelatine (im Original Bill Ballantine), die mehr als nur eine freundschaftliche Beziehung führen, des Nachts zum Haus von Bobs Mutter gerufen. Professor Sonnenblum, ein genialer Wissenschaftler, hat den Temposcaph erfunden, eine Zeitmaschine und ist mit einer illustren Jagdgesellschaft, der auch Bills Freund Frank angehört, weit in die Vergangenheit zurückgereist. Mit dem extravaganten Ziel, Dinosaurier zu jagen. Aber irgendwas muss dabei schief gegangen sein. Denn die Gruppe ist verschollen. Natürlich nehmen Bob und Bill die Sache in die Hand und machen sich ebenfalls auf ins Dino-Zeitalter. Dort retten sie nicht nur den Professor, Frank und die anderen, sie verfallen der Jagd nach einem weißen Dinosaurier, den sie unbedingt zur Strecke bringen wollen, koste es was es wolle…
Bob Marone mag zwar eine Parodie/Hommage sein und arbeitet mit diversen Motiven des Originals (die Zeitreisen), greift aber auch auf das ein oder andere Element zurück, das wir auch aus Spirou kennen. So erinnert das von Mauern umgebene herrschaftliche Elternhaus Bobs an das Schloss des Grafen von Rummelsdorf. Auch die Erfindung der Zeitmaschine ist typisch Graf. Was die Story noch charakterisiert sind lange Textkästchen mit ironisch ausladenden Beschreibungen und Kommentaren und eine gewisse chaotische Note, ein Fehlen an durchgehender Dynamik. Zwischendurch gibt es immer wieder Brüller, wie die Dino-Falle im zweiten Teil. Dort werden die Panels auch grober und kantiger. Es scheint beinahe, als wollte man schnell zu einem Ende kommen. Doch insgesamt sind die Zeichnungen (im positiven Sinne) wild und ungestüm im Funny-Stil – komplett mit Knollennasen. Im Gegensatz dazu bringt die Story zahlreiche erwachsene Komponenten, eine anarchische Mischung, die Yann und Conrad später bei ‚Helden ohne Skrupel‘ perfektionierten: ein schwules Heldenpaar, ein farbiger Hausdiener, der gerne auch die Damen des Dorfes bedient, es wird auch gestorben – Dinge, die man in einem Funny so nicht unbedingt erwartet.
Zwei Bände der Reihe (die hier zusammengefast sind) erschienen bereits 1986 bei Carlsen. Auch Bob Morane ist dem deutschen Comicleser(.de) bekannt: ab Mitte der Siebziger belebte er das Zack Magazin, gefolgt von einer Alben-Ausgabe bei Feest (1988-1991). Epsilon begann 2007 eine ins Stocken geratene Gesamtausgabe, die bisher vier Bände umfasst. Bob Marone – Henri Vernes schrieb für den ersten Band sogar ein kleines, launisch-witziges Vorwort – geht auf jeden Fall weiter: für Anfang 2016 ist mit ‚Der Duft des rosa Yetis‘ ein zweiter Band angekündigt, der dann eine deutsche Erstveröffentlichung sein wird. (bw)
Bob Marone, Band 1: Der weiße Dinosaurier
Text: Yann
Bilder: Didier Conrad
112 Seiten in Farbe, Hardcover
Carlsen Verlag
19,99 Euro
ISBN: 978-3-551-76525-3