Wieder einmal sind bei den Rächern Frischlinge im Anmarsch. Neben altgedienten Recken wie Cap, Thor und Iron Man gibt es mit Firestar und Justice neue, unbekanntere Gesichter, die noch an sich zweifeln und sich bewähren wollen. Erschwerend kommt hinzu: die Rächer (wir schreiben 1999 – damals nannte man sie bei uns noch nicht Avengers) sind in der Öffentlichkeit umstritten. Die Medien kolportieren, man könne ihnen nicht mehr trauen. Gerüchte über Rassismus (Stichwort Mutanten) sind im Umlauf. Gerade jetzt tauchen auch noch fremde Roboter auf, die den Black Panther angreifen und Ex-Ant Man Henry Pym entführen. Roboter aus Adamantium. Schon bald fällt der Verdacht auf Erzfeind Ultron, jene künstliche Existenz, die (in den Comics) von Pym geschaffen wurde und die dann aus dem Ruder geriet. Doch zuerst liefert man sich eine wüste Kopperei mit Alkhema, ein Geschöpf Ultrons, die die Rächer knapp für sich entscheiden können.
Ultron indessen greift Slorenia an, ein Land im Baltikum, legt es in Schutt und Asche und nistet sich dort ein. Sein Ziel: mal wieder die Weltbeherrschung? Weit gefehlt. Ultron möchte sich Nachkommen ‚bauen‘. Keine Abbilder mehr seiner selbst, wie üblich. Dazu entführt er seine ‚Familie‘. Neben Hank Pym u.a. die Wasp, Wonder Man und die Scharlachhexe, um deren Gedankenmuster zu extrahieren. Die Mission der Rest-Rächer um Iron Man, Captain America und Thor ist damit klar: nicht nur Slorenia zu befreien (was davon übrig ist), sondern auch Ultron zu besiegen und die entführen Mit-Rächer zu retten. Doch ihr Gegner ist stärker und zahlreicher als sie es sich in kühnsten Träumen vorgestellt hatten. Aber sie wären keine Rächer, würden sie sich dem Kampf nicht stellen und so entfesselt sich eine epische, vermeintlich einseitige Keilerei, bei der am Ende nicht die Kraft, sondern das Köpfchen obsiegt.
Im Zuge des zweiten Rächer Streifens ‚Avengers: Age of Ultron‘ spendiert Panini dem Semi-Klassiker von 1999 eine Neuauflage, die damit überrascht, dass einige Motive auch im Film auftauchen, wie die maximale Zerstörungswut Ultrons oder die Suche nach dem seltenen Element Vibranium (samt Hinweis auf Wakanda). Die Geschichte erschien bei uns erstmals 2001 in ‚Die Rächer‘, Band 3. Die Zeichnungen stammen von Stuart Immonen (nur der erste Teil) und George Pérez, der seit seinen Arbeiten für DC (JLA, Infinite Crisis) bei den Fans einen Stein im Brett hat und auch schon zu Gast in Deutschland war. Während Immonens Panels traditionell etwas blutleer und steril wirken, geht Pérez wie gewohnt in die Vollen und glänzt mit ungeheuer detailreichen Bildern, bei deren Anblick einem die Tuscher leid tun – alleine wenn man die dauergewellte, unzerstörbare Haarpracht der Scarlet Witch betrachtet, die Locke für Locke ausgeführt ist.
Auch sonst sind Pérez‘ Zeichnungen ausdrucksstark und harmonieren bestens mit der Story, die nicht nur tumbe Klopperei ist, sondern auch Ultron beinahe einen menschlichen Zug gewährt – freilich anders als erwartet. Als Zugabe gibt es in der Story Kurt Busieks einen Abriss über den Werdegang Hanky Pyms samt seiner Superhelden-Inkarnationen als Ant Man (bald im Kino), Giant Man und Yellowjacket und natürlich als stets zweifelnder Ultron-Schöpfer. Gute Ergänzung nicht nur zum Kinofilm, sondern auch zur gleichnamigen jüngsten Ultron-Saga, die wir ebenfalls hier vorgestellt haben. (bw)
Avengers: Ultrons Rache
Text: Kurt Busiek
Bilder: George Pérez, Stuart Immonen
116 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
12,99 Euro
ISBN: 978-3-95798-317-6