Schanghait in Singapur! Warum sich Bob Morane und Bill Ballantine dort in einer mehr als zwielichtigen Hafenspelunke herumtreiben, werden wir nie erfahren. Wohl aber, dass sie ihren Aufenthalt schnell bereuen. Denn der durchtriebene wie skrupellose Kapitän Zoltan betäubt die beiden mit gepanschtem Whisky, woraufhin Bob und Bill erst wieder auf der Taipeh erwachen, einem alten Seelenverkäufer, der Kurs auf die Gefängnisinsel Yeluk-Yeluk nimmt, die in der indonesischen Bandasee liegt. Bald klärt Kapitän Zoltan die beiden und ihre mitentführten Leidensgenossen auf: Man ist auf der Suche nach einem Schatz und muss dazu sieben Bleikreuze finden. Reichtum winkt und verlockt also – eine Aussicht, die Bob und Bill allerdings aufgrund der nicht vorhandenen Seriosität Zoltans aber durchaus skeptisch sehen…
Eine Stärke der Bob Morane Reihe von Vernes und Vance ist der Abwechslungsreichtum in den Geschichten. Während der Vorband „Die Puppen des Gelben Schattens“ noch mit einem phantastischen, ja skurrilen Motiv aufwartete, das konsequent innerhalb einer massiven Verfolgungsjagd bzw. Flucht eingehalten wurde, haben wir es hier mit einer lupenreinen wie klassischen Abenteuer-Story zu tun, nämlich mit einer Schatzsuche. Die Aussicht auf einen Schatz weckt bekanntlich Begehrlichkeiten und derjenige, der weiß, wo sich der vermeintliche Reichtum befindet, ist klar im Vorteil, aber auch in ständiger Gefahr. Was hier nicht anders ist. Exotische Schauplätze, erst das verruchte Hafenviertel, dann die Insel mit den Ureinwohnern. Dazwischen Dramatik auf See und Piraten, die von einer gefährlichen wie ansehnlichen Dame befehligt werden. Und natürlich diverse Raufereien, die Bob und Bill absolvieren müssen. So entsteht ein schöner, atemloser Mix aus typischen Bob Morane Elementen, und solchen, die man von einer Schatz/Piraten-Story eben erwartet, dann auch bekommt und genießt.
Das kurze Nachwort geht auf die Sequenzen des Albums ein, die in der Nacht spielen, v.a. in der ersten Hälfte der Story. William Vance arbeitet hier wieder (wie auch schon im Vorband) mit vielen Schwarzflächen und einer Kolorierung, die an viragierte Stummfilme erinnert. Wobei er dennoch Mut zur Farbe zeigt: Die Panels sind mal in rosa, in orangen oder in blauen Tönen gehalten – auf nur einer Seite. Atmosphärische Stimmung ist also auch hier garantiert. Einen Bonus hat die Story noch, die erstmals ab 1970 erschien (und bisher nur einmal auf Deutsch: 1989 bei Feest): erstmals wird hier eine fehlende Seite mit abgedruckt, auf die man in bisher sämtlichen Album-Veröffentlichungen verzichtete (die Story umfasst also wieder 47 statt der üblichen 46 Seiten). Wie üblich bietet der Verlag auch hier eine limitierte Vorzugsausgabe an (nur 111 Exemplare), der man zusätzlich einen Schutzumschlag und einen nummerierten Exlibris spendiert. (bw)
Bob Morane, Band 8: Die sieben Bleikreuze
Text & Story: Henri Vernes
Bilder: William Vance
52 Seiten in Farbe, Hardcover
All Verlag
17,80 Euro
ISBN: 978-3-96804-348-7