Jerry Spring, Band 7 (All Verlag)

November 29, 2024
Jerry Spring, Band 7: Die Unglücksranch (All Verlag)

Ähnlich wie im vorherigen Band beinhaltet Band 7 keine albumlange Episode, sondern Kurzgeschichten, nämlich drei an der Zahl, die zwischen Dezember 1956 und Mai 1957 im Spirou Magazin erstmals erschienen sind. Die also nun bald 70 Jahre auf dem Buckel haben – das nur nebenbei bemerkt. Den Anfang macht die titelgebende „Unglücksranch“. Jerry und Pancho können gerade noch so einen Postkutschen-Überfall verhindern, der etwas seltsam verläuft. Denn anscheinend hatten es die Unholde nicht auf Wertsachen, sondern auf eine mitreis(s)ende Dame abgesehen: Jane Ellis aus Boston möchte die Ranch ihres verstorbenen Onkels übernehmen. Offenbar will man das um jeden Preis verhindern. Aber warum? Als U.S. Marshal geht Jerry der Sache nach…

Die 16-seitige Geschichte ist gradlinig erzählt, birgt aber dennoch Überraschungen und Wendungen, natürlich zugunsten von Jerry und Pancho, die hier fast in die Bredouille kommen. Eine Schlüsselrolle spielt hier Pancho, der ein cleveres Näschen beweist. Stimmig sind die Nachtszenen mit viel Tuscheeinsatz und entsprechenden Farben – als Mehrwert gegenüber der alten Schwarz-Weiß Gesamtausgabe bei Ehapa. Nächtlich stimmig wird es auch zu Beginn der nächsten Episode, „Ermittlung in San Juan“ getauft. Jerry – diesmal alleine unterwegs – kann gerade noch einen Lynchmord verhindern. Das beinahe Opfer Jack Chapman beteuert seine Unschuld, dann gelingt ihm die Flucht. Vom örtlichen Sheriff erfährt Jerry, dass es in jüngster Zeit einige seltsame Tode gab. Jerry erkennt darin ein Muster und ein Motiv, muss sich aber zuerst mit mexikanischen Bandidos auseinandersetzen.

Das erwähnte Motiv ist Western-Beflissenen sicher nicht unbekannt. Auch die Hintermänner und damit die Schurken sind schnell identifiziert. Die Sache mit den Bandidos, die mit trockenem Humor Jagd auf Gringos machen, die verwirrt in der Mittagshitze umherreiten, erweist sich dabei als komplizierter als gedacht. Später greift Jerry noch zu einem Trick, um den Drahtzieher aus der Reserve zu locken. Zeichnerisch ist die Episode (21 Seiten) am aufwändigsten gestaltet und am Ende treffen wir doch noch einmal auf Pancho. Lediglich acht Seiten konzentrierte Handlung beinhaltet die letzte Story („Onkel Toms Testament“), in der Jerry und Pancho dem Mord an einem Indianer nachgehen, wobei der Fetzen eines Briefumschlags die beiden auf die richtige Spur bringt, mit einem Finale am Navajo-Pueblo.

Den Zeichner Jijé nahm ich tatsächlich zuerst als Ersatzmann wahr, oder wahlweise als Nachfolger. Und das jeweils bei einer klassischen franko-belgischen Serie: Einmal von Victor Hubinon, von dem Jijé „Der Rote Korsar“ übernahm und dann von Albert Uderzos „Tanguy und Laverdure“ (damals noch als „Mick Tangy“ bekannt), beide Reihen übrigens von Jean-Michel Charlier geschrieben. Das war zu seligen Koralle-Zack Zeiten, ist also schon lange her. Und beides Mal bedeutete die Weiterführung durch Jijé einen deutlichen, (zumindest mich) irritierenden Stilbruch in den Zeichnungen. Erst viel später lernte ich die Werke des Belgiers besser kennen – und schätzen – v.a. durch die alte, schwarz-weiße Jerry Spring Gesamtausgabe bei Ehapa. Die jetzige Alben-Ausgabe im All Verlag ist bekanntlich farbig und wird 22 Bände umfassen.

Dabei ist nicht nur die Aufmachung top (Format, Papier, Druck), sondern auch das Sekundärmaterial, das hier Bernd Weckwert beisteuert, der spätestens seit seiner monumentalen Zack Chronik („Spaß-Spannung-Abenteuer“) bei jedem Koralle-Zack-Fan einen Stein im Brett haben dürfte. Hier in Band 7 beginnt er eine Biografie von Jijé und berichtet, dass der 1914 geborene Belgier Joseph Gillain schon in jungen Jahren ein beeindruckendes künstlerisches Talent entwickelte, sei es als Zeichner, als (Fresken-) Maler oder als Bildhauer. Was zahlreiche Abbildungen zweifelsfrei belegen. Auch die erste mit Jijé signierte Comicseite ist darunter. Als Dreingabe gibt es wieder einen Comic, nämlich Jijés abgebrochene Adaption eines Johnny Halliday/Sergio Corbucci Westerns von 1969 mit dem wohlklingenden deutschen Titel „Fahrt zur Hölle, ihr Halunken“. Bis es soweit ist, kann auch wahlweise die auf 111 Exemplare limitierte Vorzugsausgabe mit Schutzumschlag und nummeriertem Exlibris erworben werden. Mehr zum ebenfalls bereits erhältlichen Band 8 folgt in Kürze. (bw)

Jerry Spring, Band 7: Die Unglücksranch
Text & Bilder: Jijé
64 Seiten in Farbe, Hardcover
All Verlag
17,80 Euro

ISBN: 978-3-96804-280-0

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