Katastrophe! Da sind im besetzten Belgien, genauer gesagt im Charleroi des Jahres 1943 nicht nur die Zeiten äußerst schwierig, jetzt musste auch noch das Spirou Magazin auf Weisung der Deutschen Besatzer sein Erscheinen einstellen. Eine bittere Pille für Flup und seine Freunde, sind doch alle ausnahmslos offizielle Mitglieder im „Club der Freunde von Spirou“, die nun ohne ihr Lieblings-Comicmagazin auskommen müssen. Für die sechs Kinder, darunter das jüdische Mädchen Miche, ist sofort klar: Widerstand ist angesagt. So entstehen im Versteck der sechs, die sich auch gerne mit der Jugendorganisation der faschistischen Rexistischen Partei prügeln, heimlich Comicstrips, die die Besatzer lächerlich machen. Und deren Verteilung an die Bevölkerung zunehmend origineller, dabei aber auch immer gefährlicher wird…
Neben dieser Haupthandlung erfahren wir in Rückblenden die tragische Geschichte um Miche, die auch ihre Clubkollegen mit ansehen mussten. Miche wird von ihnen danach aufgelesen und damit gerettet, muss aber als Jüdin in ständiger Gefahr und berechtigter Angst von Denunzianten leben. Ein weiterer Handlungsfaden zeigt Jean Doisy, den ersten Chefredakteur des Spirou Magazins, das ja in Charleroi, genauer gesagt im Stadtteil Marcinelle vom Verlag Dupuis 1938 begründet wurde. Doisy erdachte auch den „Club der Freunde von Spirou“ (Les amis de Spirou – kurz AdS) als clevere „Kundenbindung“ und dessen hehre Regeln, den Ehrenkodex, den jedes Mitglied befolgen soll und der in diesem Band auch bildlich veranschaulicht ist. Doisy übernimmt hier eine traurige Aufgabe, was uns als Leserin und Leser die Tragik der Zeit einmal mehr vor Augen führt.
Die Story, die auf einer wahren Begebenheit basiert und der ein Stück Comic-Geschichte zugrunde liegt, spielt wie auch Émile Bravos Spirou-Zyklus (der bei uns in der Reihe „Spirou und Fantasio Spezial“ erschienen ist) zur Zeit der deutschen Besatzung Belgiens im Zweiten Weltkrieg, die in Charleroi 1944 ihr Ende fand. Die Kinder um Flup sehen Spirou als großes Vorbild und befolgen den Kodex des Clubs in ihrem geheimen und originell gesicherten „Hauptquartier“. Aufgrund der Umstände wird aus Spaß schnell Ernst, spätestens als unsere „kleinen Strolche“ Zeugen des Dramas um Miches Familie werden. Kinderspiele oder -streiche werden damit bald zu lebensgefährlichen Aktionen, ein regelrechtes Spiel mit dem Feuer, was auch beim Lesen Bedauern und ein gewisses Unbehagen hervorruft. Die Tragik der Situation schwingt immer mit.
Autor der Reihe, von der bei Dupuis bisher nur dieser eine Band erschienen ist, ist Jean David Morvan, der auch den Science Fiction Dauerbrenner „Sillage“ schreibt und der gemeinsam mit José Luis Munuera bereits ausreichend Spirou-Erfahrung sammeln durfte. An den Funny-Stil von David Evrard, seine eigenwillige, krakelige Strichführung muss man sich jedoch erst gewöhnen. Der Band steckt voller Details mit kleinen Hommagen an die Pioniere der École Marcinelle: von Fernand Dineur über Rob-Vel (natürlich das Hotel Velter) bis zu Yvan Delporte (der Nachfolger Doisys als Chefradakteur) und Will. Und Zeichner/Autor Jijé bekommt sogar einen Kurzauftritt spendiert. Am Ende des Bandes werden auf einigen redaktionellen Seiten die Hintergründe des Clubs und die Person von Jean Doisy beleuchtet. (bw)
Die Freunde von Spirou, Band 1: Ein Freund von Spirou ist offen und ehrlich
Text & Story: Jean David Morvan
Bilder: David Evrard, Ben BK (Farben)
72 Seiten in Farbe, Hardcover
Carlsen Verlag
20 Euro
ISBN: 978-3-551-02638-5