Hacendado: Blutige Ehre (Splitter)

August 14, 2024
Hacendado: Blutige Ehre (Splitter Verlag)

Mexiko im Jahr 1863. Im Norden des Landes, in der Nähe der Stadt Santa Ana, lebt Don Armando Benal de Castillo mit seiner Frau Maria und dem gemeinsamen Sohn Diego auf einer großen Hazienda. Man züchtet Pferde, ist angesehen. Don Armando, der Hacendado, ist ein Mann mit strengen Prinzipien. Eines Tages kehrt Diego aus der Stadt zurück, gehetzt, gejagt und blutverschmiert. Man wirft ihm vierfachen Mord vor, eines der Opfer ist der Sohn des Alcalden. Außerdem soll er die Tochter einer befreundeten Familie brutal vergewaltigt und anschließend noch Feuer gelegt haben. Zwar beteuert Diego hartnäckig seine Unschuld, doch angesichts der scheinbar eindeutigen Situation glaubt ihm niemand. Er soll auf der Stelle gehängt werden, was sein einflussreicher Vater gerade noch verhindern kann.

Doch auch Don Armando glaubt den Unschuldsbeteuerungen seines Sohnes nicht – ihr Verhältnis ist ohnehin nicht das Beste – und will ihn in Eigenregie für seine vermeintlichen Taten betrafen. Als eine Art Gottesurteil reitet er deshalb mit ihm tief in die karge Einöde der Sierra und lässt ihn dort zurück – zwar mit Gewehr und Wasserflasche, aber ohne Pferd und komplett entehrt. Überlebt Diego, hat er gesühnt. Stirbt er, dann eben auch. Und in der Sierra lauern Pumas und umherziehende Apachen vom Stamm der Chiricahua, die naturgemäß auf die Mexikaner nicht gut zu sprechen sind und die ihrerseits von dem grausamen Apachenjäger Abraham Hinter und seiner Bande im Auftrag von Gobernador Olivares gnadenlos gejagt werden…

Ja, hier ist so einiges los, ausgelöst durch die grausame Tat von Diego, der hartnäckig seine Unschuld beteuert, was wir ihm auch gerne glauben mögen. Schließlich ist er der Held der Geschichte. Man könnte vermuten, dass er wie sein berühmter maskierter Namensvetter Don Diego de la Vega oder ein gewisser Edmond Dantès nach seiner schweren Prüfung Rache übt und jene betraft, die ihn zu Unrecht verurteilten und verdammten. Doch es kommt völlig anders, soviel sei verraten. Verantwortlich dafür sind zuerst die Ereignisse in der Sierra, an denen neben Diego auch Chenoa, die Tochter des Chiricahua-Häuptlings und Doña Maria, Diegos Mutter, einen großen Anteil haben. Wir verfolgen eine starke Mutter-Sohn Beziehung, die sich jedoch als nicht ohne Makel erweist, später präsentieren uns Autor Philippe Thirault (u.a. „Shanghai Dream“, „O’Boys“) und Zeichner Gilles Mezzomo einige harte Wendungen, die die Qualität der Story auf einem schmalen Grat balancieren lassen.

Am Ende entwickelt sich das Finale fast zu einem fast Shakespeare’schen Drama, das niemand aus dem Figuren-Ensemble unbeschadet übersteht. Vielleicht geben Thirault und Mezzomo hier etwas zu viel Gas und überladen ihre Story indem sie die Ereignisse überschlagen lassen und Drama an Drama reihen. Dennoch ist die Geschichte interessant konstruiert, gerade weil sie erfrischend konsequent gegen die üblichen Western- und Rache-Motive verläuft, die man anfangs noch erwartet. Woran Hacendado-Sohn Diego einen gehörigen Anteil hat. Gut und Böse sind viel schwieriger zuordenbar. Die Zeichnungen von Gilles Mezzomo (u.a. „Ethan Ringler“, „Die neue Welt“, beides bei Piredda erschienen) orientieren sich einerseits an dem klassischen franko-belgischen Western-Stil, weisen aufgrund des locker-eleganten Striches aber einen hohen Wiederkennungswert auf. Ein ungewöhnlicher Mexiko-Western mit nicht minder ungewöhnlichen Charakteren. (bw)

Hacendado: Blutige Ehre
Text & Story: Philippe Thirault, Gilles Mezzomo
Bilder: Gilles Mezzomo
88 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
22 Euro

ISBN: 978-3-98721-378-6

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