
Jesus und Sunstar – was für ein Duo! Der eine ist nach 2000 Jahren trotz denkbar „schlechter“ Erfahrungen erneut unter uns – wenn auch nur auf Geheiß seines Vaters Gott. Der andere ist DER Superheld der Erde, wenn auch nicht immer erfolgreich und von unbekannter außerirdischer Herkunft. Genau die wird zu Beginn dieses zweiten Bandes beleuchtet und erinnert uns natürlich sofort an einen gewissen Kal-El, der von seinem Vater von einem sterbenden Planeten auf unsere Welt geschickt wird. Hier heißt der dem Untergang geweihte Planet nicht Krypton, sondern Zirkonia und die Eltern von Baby-Sunstar müssen sich trotz der schrecklichen Erkenntnis erst noch mit einem befreundeten Paar herumschlagen, das ihnen unbedingt eine Immobilie verkaufen will. Dabei glänzt die Superman-Origin-Parodie sofort mit spitzem Humor, wie die Beschwerde der Mutter, dass das selbstgebaute Raumschiff zu klein sei, worauf der Vater erwidert, dass er als Wissenschaftler eben nur nach Tarif bezahlt werde…
Vierzig Jahre später ist Sunstars Frau endlich schwanger, während Jesus in alter Manier versucht, neue Jünger um sich zu scharen. Sein Weg führt ihn dabei in einen skurrilen aber offenbar höchst lukrativen religiösen Themenpark, der von Christway geleitet wird, ein Unternehmen, das die Vermarktung der christlichen Religion wahrhaft auf die Spitze treibt. Autor Mark Russell spart auch hier nicht mit passend beißendem Humor, so wird beispielsweise eine streng limitierte Religionspistole beworben, was den US-Waffenwahn treffend aufs Korn nimmt. Jesus wird im Themenpark als vermeintlicher Jesus-Darsteller willkommen geheißen, hält seine Predigt, wird dann aber schnell „enttarnt“, weil er sich nicht an das vorgegebene Skript hält. Dennoch geht sein Auftritt viral und bringt ihm einen Termin beim Konzernboss ein, der natürlich dem schnöden Mammon massiv zugeneigt ist…

Beide Hauptcharaktere, Sunstar und Jesus, so unterschiedlich sie auch sein mögen, eint eine gewisse erfrischend liebenswerte, beschwingte Naivität. Jeder will auf seine Art die Welt verbessern, der eine althergebracht, der andere durch Heldentaten – so sind beide auf ihre Art messianisch unterwegs. Der Humor ist dabei immer wieder entlarvend (Jesus berichtet, dass er vor 2000 Jahren noch nicht so beliebt gewesen sei, während sich ein Bürger wundert, warum Sunstar nicht schon früher der Stadt und ihren Bürgern half). Die Story beschäftigt sich auch immer wieder mit Nebencharakteren, die danach in die Handlung eingebunden werden, was für Abwechslung sorgt. So verfolgen wir den Werdegang des selbstmordgefährdeten Katzenfreundes Phil, die erneut ausbüxende Oma oder den knorrigen Rentner George, der sich zeitlebens zu seinem Seelenheil allen Vergnügungen entsagte.
Den humoristisch entlarvenden Nagel auf den Kopf trifft auch die Episode, die im Jerusalem des Jahres 1099, also zu Zeiten der Kreuzzüge spielt, als das Geschäft mit vermeintlichen Reliquien die Kasse wieder füllt und man erstaunt feststellt, wie viele Daumen der heiligen Matthäus doch gehabt haben muss… Außerdem noch im Band: Superhelden beim Psychiater, ein Superschurke im Zerstörungsmodus und auch Gott selbst hat wieder einen gelungenen Auftritt im Himmel, alles garniert mit treffendem Humor, sei er frech, satirisch oder parodistisch und klugen Dialogen. Diverse Skizzen und Entwürfe, sowie ein achtseitiger, wie immer informativer Anhang ergänzen den Band, der auch wieder als auf nur 111 Exemplare limitierte Hardcover-Ausgabe mit Variant-Cover und Art-Print erscheint (siehe Cover rechts). Die Fortsetzung und damit gleichzeitig das Finale der Reihe ist erfreulicherweise bereits für den August geplant. (bw)
Second Coming, Band 2: Einziggeborener Sohn
Text & Story: Mark Russell
Bilder: Richard Pace, Leonard Kirk, Andy Troy (Farben)
160 Seiten in Farbe, Softcover
Dantes Verlag
22 Euro
ISBN: 978-3-946952-98-5