Einer noch. Noch ein einziger. Dann ist die Rache von Emily erfüllt. Doch der letzte, den sie auf ihrer Liste hat, ist ein harter Brocken. Und inzwischen Präsident der Vereinigten Staaten: William McKinley. Dazu kommt noch, dass der Racheplan sich inzwischen massiv verkompliziert hat und viele Dinge nun anders sind oder in einem anderen Licht erscheinen, als zu Beginn ihres Feldzugs gegen die vermeintlichen ehemaligen Peiniger ihrer Mutter. Denn die lebt ja noch, man ist sich auch bereits begegnet, allerdings mit eher unglücklichem Ausgang. Und in Stanley Whitman, auch einer der damaligen Täter, hatte sich Emily sogar verliebt. Jetzt der Präsident? Der ja gar nicht der ist, der er vorgibt zu sein… Dennoch verschafft sich Emily mit einer List Zugang zum Weißen Haus und zu McKinley. Und der scheint davon ganz und gar nicht überrascht zu sein….
In diesem letzten Band der Spätwestern-Serie, der im Februar 1901 beginnt, beendet Emily, die längst als „Viper“ steckbrieflich gesucht wird, ihre von Rache getriebene Reise. Vieles wurde schon im letzten Band enthüllt. Wir wissen, dass ihre Mutter vierzehn Jahre zuvor nicht ermordet wurde und quicklebendig ist und wer sich nun als 25. Präsident der USA ausgibt. Letzte Puzzleteile werden hier dann noch zusammengesetzt, wozu auch wieder Rückblenden dienen, was diesmal jedoch teilweise etwas bemüht wirkt. Die beiden Pinkerton Detektive, die wie immer zu spät kommen, treten nach ihrem letzten Auftritt recht unspektakulär ab. Und als Emily noch mit sich hadert, ob sie die neue Situation und ihre Gegebenheiten (in familiärer Sicht) akzeptieren soll, wird ihr die Entscheidung durch ein weiteres einschneidendes Ereignis abgenommen, in dem sie, die steckbrieflich gesuchte und berüchtigte Killerin, offenbar als Bauernopfer herhalten soll.
Autor und Zeichner Laurent Astier greift hier einmal mehr auf ein Stilmittel zurück, das zum Finale der Reihe nochmals im Mittelpunkt steht: er integriert kleine und große historische Ereignisse oder Personen in seine und damit Emilys Geschichte, was dem Geschehen stets einen authentischen Anstrich verleiht. Diesmal sind u.a. Pearl Hart dabei (eine berüchtigte Banditin im Wilden Westen) und William D. Jelks, damals Senatspräsident. Das Finale, das scheint seit dem letzten Band klar, behandelt dann das Attentat auf den Präsidenten auf der Weltausstellung in Buffalo. Die Tatsache, dass Astier den Attentäter (ebenfalls eine historische Figur) bereits in Band 3 mit einer Nebenrolle bedachte, zeigt sein durchgehendes Konzept der Reihe. Dennoch erscheint der Schluss etwas bemüht. Als wollte Astier sämtliche losen Enden miteinander verknüpfen und die Story aufräumen, trotz eines gelungenen Twists. Washington ist damit definitiv die letzte Station des Racheengels Emily auf ihrer US-Tour, wobei die Wege dorthin, sprich, die Vorbände, dem Finale überlegen sind. (bw)
Die Viper, Band 5: Bleierne Sonne
Text & Bilder: Laurent Astier
64 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
17 Euro
ISBN: 978-3-96219-567-0