Lukrativ aber reichlich seltsam: Privatdetektiv Kawai erhält von einem Unbekannten, der sich Mr Nobody nennt, einen Auftrag, den er jedoch gleich angehen muss. Dazu fliegt er stante pede nach Moskau, wo er mitten im Nirgendwo in einem schäbigen wie unheimlichen Hotel auf vier Mitstreiter trifft: zwei Brüder, einen Schwarzen namens Barney und eine Frau, Nastassja. Schnell wird der Auftrag konkretisiert: man soll von einem nur kurz haltenden Güterzug den letzten Waggon öffnen. Mehr nicht? Dafür bietet der große Unbekannte jedem 100.000 Dollar, bzw. Kawai 10 Millionen Yen (mehr als eine Handvoll) und gibt gewagte Versprechen. Der Auftrag wird schnell ausgeführt, gefolgt von einem bösen Erwachen, das neben Kawai nur Nastassja und Barney überleben. Und die müssen erst einmal verstehen, wie ihnen geschah…
Mit dem Dreiteiler „Mr Nobody“ bringt der Carlsen Verlag nun die erste in Eigenregie verantwortete Reihe von Autor und Zeichner Gou Tanabe, der in jüngerer Zeit v.a. mit seinen famosen Adaptionen der Werke des amerikanischen Kult-Autors H.P. Lovecraft zu beeindrucken wusste. Hier im Auftaktband treibt er ein fieses Spiel mit seinen Leserinnen und Lesern. Denn Seite für Seite lässt er den Spannungsbogen steigen, baut so ein Mysterium auf, beleuchtet aus diversen Winkeln, ohne auch nur den Hauch einer Erklärung oder Auflösung zu präsentieren. Gut, wer hinter Mr Nobody steckt werden wir nicht gleich im ersten Band erfahren. Aber auch andere Fragen stellen wir uns ratlos: warum wurden die fünf ausgesucht, die offenbar aus verschiedenen Winkeln der Welt stammen? Gibt es zwischen ihnen eine Verbindung? Was hat es mit den Alpträumen auf sich? Warum sollen sie getötet werden? Und von wem?
Kawai versucht gemeinsam mit Nastassja Licht in die Sache zu bringen, was ihm vorerst freilich nicht gelingt. Sämtliche Anhaltspunkte erweisen sich als Sackgasse. Irgendwo in der Vergangenheit der fünf, von der wir tröpfchenweise erfahren, könnte ein Schlüssel zur Lösung liegen, was vielleicht auch der ermittelnde Kommissar Michalkow vermuten mag. Aber bisher gibt es hier nur „könnte“ und „vielleicht“, was den Reiz des überaus spannend inszenierten Bandes ausmacht. Und gleichzeitig die Neugierde weckt, wie Gou Tanabe die Story denn weiter spinnt und bestenfalls auflöst. Die Zeichnungen sind wie aus den Lovecraft-Bänden bereits gewohnt äußerst fein und filigran, realistisch, mit finsteren, dunklen Passagen und regelmäßigen Action-Einschüben. Band 2 des Mystery-Thrillers erscheint bereits Ende August, bis zum Abschluss müssen wir uns leider noch bis Januar nächsten Jahres gedulden. (bw)
Mr Nobody, Band 1
Text & Bilder: Gou Tanabe
176 Seiten in Schwarz-Weiß, Softcover, Taschenbuch
Carlsen Verlag
13 Euro
ISBN: 978-3-551-71133-5
