Uffbasse ist ein gutes altes Motto, und das gilt insbesondere dann, wenn ein Wildfremder plötzlich äußerst generös auftritt und einem 6.000 Euro verspricht. Einfach für einen Händedruck. Aber nachdem Luca Stoffels gerade in ziemlichen Geldnöten steckt – die Ex Lilly hat ihm die Bude ausgeräumt, er selbst wollte sich als Fahrer für das Drogendealer-Pärchen Tomac verdingen und hat dabei deren Porsche nebst heißer Fracht geschrottet, für was er jetzt dringend Ersatz braucht -, hört er der Geschichte des bärtigen Benedikt Bosch gerne zu. Der erzählt ihm nämlich, er habe seine Seele dem Dämon Faffnir verkauft, der im Gegenzug dazu dafür sorgt, dass Bosch in allen Lebensbereichen das Glück hold ist. Nachdem Boschs Zeit abläuft, sucht er einen Deppen, der ihm per Handschlag diesen Deal abnimmt, wofür er gerne 6 Mille auf den Tisch blättert.
Luca hält Bosch für einen Spinner, nimmt das Geld und gibt Bosch den gewünschten Handschlag – worauf prompt tatsächlich der fauchende Faffnir erscheint und Luca eröffnet, dass er exakt noch 24 Stunden hat, bevor er in die Hölle fährt. Nebenbei gehen auch die Vorteile des Handels auf Luca über: seine Schulden bei den Dealern lösen sich wundersam in Luft auf, als Nada Tomac wie durch ein Wunder die Beute aus dem gesunkenen Porsche findet, aus Geldautomaten fliegt ihm die Kohle entgegen, und in Form der holden Nachbarin Janice lacht Luca sogar Glück in der Liebe. Dennoch hat er reichlich Panik und unternimmt den hanebüchenen Versuch, Faffnir in einer spaßigen Verkleidung im Kölner Karneval unterzubringen und irgendeinem Besoffenen den Deal umzuhängen.
Bosch indessen hat sich schon gedacht, dass Luca irgendein krummes Ding dreht, und geht mit den beiden Dealern auf die Suche nach seinem Opfer – wobei er sich in Form der Dämonin Frigg schlagkräftige Verstärkung buchstäblich heraufbeschwört. Luca gelingt es noch, seiner Ex-Freundin Lilly in ihrem Domina-Studio den Deal weiterzugeben, aber die auftauchenden Tomacs entführen ihn im Auftrag von Bosch, der kein Risiko eingehen will. Luca gelingt die Flucht, und im S&M-Studio kommt es dann zum Showdown, als Faffnir und Frigg ihre jeweiligen menschlichen Counterparts in einen Stellvertreterkampf schicken, in dem es um nichts weniger als deren Seelen geht…
Faust reloaded! So könnte man die alptraumhafte Achterbahnfahrt wohl nennen, die die beiden Debütanten „Matze“ Ross und Jan Bintakies hier abbrennen. Kaum kaschiert, servieren sie eine explosive, moderne Fassung der alten Mär des Doktor Faustus, der Mephistopheles seine Seele verkauft, dafür Jugend, Reichtum und allumfassendes Glück erntet, was natürlich unweigerlich in Scherben endet. Nicht der Leibhaftige selbst ist hier allerdings Geschäftspartner, sondern diverse Dämonen, die fröhlich aus der nordischen Mythologie entsprungen scheinen – immerhin ist Fafnir der Drache, dem schon ein gewisser Siegfried ordentlich auf den Rüssel schlug, und Frigg, auch genannt Frigga oder Freia, sitzt üblicherweise an der Seite Odins auf dem Thron von Asgard (und ärgert sich gerne mal mit Filius Thor und Ziehsohn Loki rum).
Damit die Namensklauberei komplett ist: Lilly erinnert wahlweise an die Dämonin Lilith oder die erste Frau Adams (und Mutter Vampirellas, jaja…) und Herr Bosch dürfe weniger auf eine Elektro-Firma verweisen als vielmehr eine Verneigung vor dem gleichnamigen „Höllen-Maler“ Hieronymus sein, dessen apokalyptische Visionen bis heute ordentlich verstören. Diesen Mix kredenzt Ross mit jeder Menge Anarchie und Humor, als Luca durch den Karneval eilt und verzweifelt versucht, den Deal loszuwerden – was am Ende sogar Faffnir weichkocht, der einfach das Handtuch wirft. Keine Höllenqual, so seine Begründung, könne so schlimm wie sein wie die unsägliche on/off-Beziehung, die Luca und die Domina Lilly (tätig im treffend benannten Straponoff’s) da zusammenschustern. Ganz im Geiste des Karnevals ist bei allem der „Nubbel schuld“, jene Strohfigur, die am Ende jeder Session verbrannt wird und die ganzen Ausschweifungen des Karnevals auf seine Kappe nehmen muss – das erklärt uns Ross dankenswerterweise im Nachwort.
Auch zeichnerisch macht die Sause einiges her, Jan Bintakies liefert eine leicht cartoonhafte Inszenierung, die die Gratwanderung zwischen Komik, Absurdität und durchaus ernsthaften Themen – die Hölle, das sind die anderen, muss Faffnir am Ende einem gewissen Monsieur Sartre beipflichten – wunderbar transportiert. Bei der Produktion gönnte man sich noch ein besonderes Schmankerl: die Vorzugsausgabe, genannt „Dämonische Deluxe Edition“, wurde im Rahmen einer sehr erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne finanziert, bei dem die Investoren je nach Beteiligung die Deluxe-Ausgabe, einen Kunstdruck und eine Originalseite abgreifen konnten. Und das ist im Gegensatz zum Angebot des Herrn Bosch doch wirklich ein guter Deal. (hb)
Ein verdammter Handschlag
Text & Story: Matze Ross
Bilder: Jan Bintakies
168 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
25 Euro
ISBN: 978-3-95839-462-9