Wikinger im Nebel, Band 1 (Carlsen)

Juli 18, 2023
Wikinger im Nebel, Band 1 (Carlsen Verlag), von Wilfrid Lupano & Ohazar

Endlich steht wieder die alljährliche Plündertour an! Die Herren Wikinger freut’s – rauben und brandschatzen und damit Imagepflege betreiben. Und auch die Wikinger-Frauen freut’s – weil sie ihre Männer endlich für eine Weile los sind. Gleichzeitig graut es den Damen vor den „Geschenken“ der Rückkehrer – denn das können schon mal äußerst geschmacklose Vasen sein, oder eben Helme, in denen noch Restköpfe stecken… Für unsere Nordmänner unter der Leitung von „Chef“ Reidolf endet die Fahrt abrupt, als man in dichtem Nebel auf einen Felsen aufläuft („Na, mal wieder gestrandet?“). Nachdem es endlich aufklart, erkennt man, dass man in der Nähe eines Dorfes samt Kloster ist und fasst den naheliegenden Entschluss, dort zu plündern und zu massakrieren. Für Reidolf ergibt sich dabei ein kleines Problem, hat ihm seine Frau doch verboten, Kirchen anzuzünden…

Das erzählerische Format dieses Funnys ist bemerkenswert, handelt es sich doch um eine durchgehende Geschichte (nämlich die eines Wikinger-Raubzugs vom Start bis zur Rückkehr), die jedoch aus einzelnen, halbseitigen Gags besteht, welche manchmal nur ein einziges Panel umfassen. Dabei wird alles abgearbeitet, was man bei einem Wikinger-Abenteuer erwartet: Man sticht mit dem Drachenboot in See, kämpft mit den Elementen (nicht nur mit dem Nebel) und zürnt die Götter, strandet, plündert, verbündet sich mit einem Konkurrenten, plündert weiter und kehrt schließlich erfolgreich wieder zurück. Nur wird das alles hier urkomisch mit einem wunderbar trockenen Humor pointiert geschildert, der von der ersten bis zur letzten Seite das Geschehen durchzieht.

Autor Wilfrid Lupano, bekannt v.a. durch „Die alten Knacker“, tut sich hier mit dem Zeichner und Cartoonisten Ohazar zusammen, der eigentlich Rodolphe Lupano heißt und sein Bruder ist. Dessen schräge, völlig überzeichnete Wikinger-Figuren (samt überbordender Bärte) passen zur Art des Humors wie die Faust aufs Auge. Der bullige „Chef“ Reidolf, der stur und stoisch die einschlägigen Traditionen propagiert (plündern, massakrieren, brandschatzen etc. – ein Wikinger muss eben tun, was ein Wikinger tun muss…), steht dabei im Mittelpunkt. Gefolgt von seinem schmächtigen Sohn Arnulf, hier erstmals auf Feindfahrt dabei und wahrlich nicht die hellste Kerze auf der Torte. Dann gibt es noch Olaf den Steuermann, einen Wikinger-Hulk, der gerne vor sich hinphilosophiert und später den Konkurrenten Sven Robbenzunge, der so ziemlich alle seine Familienmitglieder gemeuchelt hat.

Einzelne Gag-Motive werden im Laufe der Story immer wieder aufgenommen und dann überraschend wieder in einem anderen Kontext serviert. So geht es um einen wichtigen Helm, der von Arnulf „missbraucht“ wurde, um eine mörderische Ente, die vielleicht doch eine Gans war, um die immer gleiche Runenvorhersage oder um einen Pfeil, der in Reidolfs Kopf steckt – nur um hier einige Beispiele zu nennen. So wunderbar und trocken der Humor ist, kann man dem Geschehen tatsächlich eine historische Akkuratesse beimessen. So kommen die Helme ohne die viel später hinzugedichteten Hörner raus und das Christentum, das sukzessive im Norden Fuss fasst, wird wahlweise vorbehaltslos oder opportunistisch angenommen, was Sven Robbenzunge ungeniert beweist. Am Ende kehrt man wieder heim – auch zum Bedauern der Damen. Bleibt zu hoffen, dass Reidolf & Co. in Band 2 bald wieder aufbrechen. (bw)

Wikinger im Nebel, Band 1
Text & Story: Wilfrid Lupano
Bilder: Ohazar
64 Seiten in Farbe, Softcover
Carlsen Verlag
12 Euro

ISBN: 978-3-551-02736-8

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