Neues Flugzeug, neuer Job: Michel Tanguy und Ernest Laverdure werden nach Creil nördlich von Paris abkommandiert. Dort, beim 10. Geschwader, sollen sie an der Super Mystere B-2 ausgebildet werden. Dass ihre Ankunft bei den neuen Kameraden und den Vorgesetzten in massives Chaos ausartet, ist natürlich wieder Laverdure und seinen diversen Slapstick-Einlagen geschuldet. Dann wird es doch noch ernst: der neue Prototyp eines revolutionären Senkrechtstarters soll erprobt werden. Natürlich interessieren sich auch „Unbefugte“ für das innovative Flugzeug, weshalb es vor neugierigen Blicken geschützt werden muss, was sich als heikle Aufgabe erweist („Gefahr am Himmel“).
Nächste Ausbildungsstation der beiden Kampfpiloten: Dijon. Hier sind Mirage III stationiert, der Stolz der französischen Luftwaffe. Sogar Stratosphärenflüge stehen damit auf dem Stundenplan. Eine neue Elektronik mit besserem Radar macht das Flugzeug noch besser, muss aber erst gründlich erprobt werden. Wieder interessiert sich eine zwielichtige, zu allem bereite Organisation für die neue Ausstattung der Mirage und schleust zum Ausspionieren zwei „falsche“ australische Piloten in das Geschwader. Doch André Tanguy, Michels Vater und ebenfalls als Pilot in Diensten der Luftwaffe, schöpft schnell einen Verdacht, den er fast mit dem Leben bezahlen muss („Die Schwadron der Störche“).
„Mirage im Nahen Osten“: Eine israelische Delegation, die gerade in Frankreich weilt, zeigt Interesse an der Mirage. Doch der Flieger ist teurer als vergleichbare Konkurrenz-Maschinen, weshalb man Tanguy und Laverdure damit beauftragt, vor Ort in Tel Aviv die Vorzüge des Flugzeugs zu präsentieren. Hauptkonkurrent dort ist Maxwell, zwielichtiger Konstrukteur der F112. Und Oberst Arf, technischer Berater der israelischen Luftwaffe, der von den Fähigkeiten der Mirage überzeugt werden muss. Was Tanguy und Laverdure nicht wissen: Maxwell hat Arf in der Tasche und nach diversen „Pannen“, sprich Sabotageversuchen, scheinen die Franzosen den Kürzeren zu ziehen…
Band 2 der neuen Gesamtausgabe der klassischen franko-belgischen Fliegerserie beinhaltet nun erstmals drei Originalstorys, die in den Jahren 1961 bis 1963 in kurzen Abständen erschienen. Zeichner Albert Uderzo zeichnete damals bereits Goscinnys Asterix und musste ein massives Arbeitspensum bewältigen. Die ersten beiden Geschichten ähneln sich in Aufbau und Inhalt und wirken wie Variationen des gleichen Grundthemas. Zuerst blödelt Laverdure auf Teufel komm raus, wobei Autor Charlier die Slapstickdichte v.a. bei „Gefahr am Himmel“ unermüdlich seitenlang fortsetzt. Dann kommt die bei ihm nicht minder beliebte nicht näher bestimmte „Fremde Macht“ ins Spiel, die über schier unbegrenzte Geldmittel zu verfügen scheint. In der ersten Story wird hier ein immenser logistischer Aufwand betrieben, während in „Die Schwadron der Störche“ ein dezenteres Doppelgänger-Motiv fast zum Erfolg führt. Dass Tanguy und Laverdure den Schurken am Ende Mores lehren, sollte dabei keine Überraschung sein.
Natürlich gibt es Parallelen zu „Buck Danny“, Charliers „anderer“ Flieger-Serie, die sich bei Entstehung dieser Storys längst etabliert hat und im Magazin Spirou erscheint (während Tanguy und Laverdure in „Pilote“ beheimatet sind). Wo hier Laverdure den Kasper spielt, ist dort Buck Dannys Sidekick Sonny Tuckson für spaßig-ungeschickten Klamauk zuständig. Und auch die diffuse mächtige Geheimorganisation finden wir bei den Amis immer wieder als Gegner. In „Die Schwadron der Störche“ gönnen Charlier und Uderzo Buck Danny dann sogar einen Cameo-Auftritt (und der Prototyp des Senkrechtstarters erinnert massiv an die Maschine aus der Buck Danny Story „Un prototype a disparu“/“Ein Flugzeug verschwindet“, die drei Jahre vorher entstand).
Was fehlt? Angaben zu den bisherigen Deutschen Veröffentlichungen, von Koralle über Ehapa, Splitter (alt) bis Carlsen. Und im Gegensatz zum ersten Band dieser neuen Gesamtausgabe wurden die Seiten nicht neu koloriert, was schade ist. Bisweilen sind einige Panels verschwommen, Uderzos eleganter Tuschestrich matschig oder nicht vorhanden und die Farben dort viel zu kräftig, wo dezentere angebracht wären, wie beispielweise bei roten Gesichtern (was auch dem Alter bzw. der Qualität der noch existierenden Vorlagen geschuldet sein mag). Das war auch schon in der ersten Gesamtausgabe von Egmont/Ehapa so. Tadellos dagegen ist der ausführliche Sekundärpart, der sich mit dem frühen Erfolg der Reihe beschäftigt und den Werdegang Albert Uderzos aufzeigt, mit seinen ersten Projekten mit Charlier und René Goscinny. Wie immer mit zahlreichen Abbildungen – inkl. einer kuriosen Captain Marvel jr. Seite, die Uderzo zeichnete. (bw)
Tanguy und Laverdure Collector’s Edition, Band 2: Die Schwadron der Störche
Text & Story: Jean-Michel Charlier
Bilder: Albert Uderzo
172 Seiten in Farbe, Hardcover
Egmont Comic Collection
39 Euro
ISBN: 978-3-7704-0423-0