Die Spinne, Band 1 (Panini)

Juli 5, 2022
Die Spinne - König des Verbrechens, Band 1 (Panini Comics)

Damals war das so eine Sache mit dem Kobra-Magazin, das von 1975 bis 1978 erschien: es war bei uns am ansonsten Comic-technisch gut ausgestatteten Kiosk nämlich nicht erhältlich, weshalb sich über andere, bis heute unbekannte Kanäle nur ab und an mal ein Heft in unsere Hände verirrte. Dann wurde ein weiteres Dilemma augenscheinlich: die Geschichten bzw. Episoden umfassten nur wenige Seiten, bis es hieß, „Fortsetzung im nächsten Heft“. Das bekamen wir natürlich wieder nicht zu fassen, wir wussten also nicht was vorher und danach in den Stories geschah, weshalb für uns die Kobra-Helden, wie Mytek oder Archie bis heute zu den „Unvollendeten“ gehören (mit Ausnahme von „Trigan“ von Don Lawrence). Ein gefühltes Jahrhundert später hatte Panini dann tatsächlich ein Einsehen und brachte vor kurzem die erste Kobra-Figur in einer schön eingerichteten Hardcover-Ausgabe: „Die eiserne Hand“. Eine erste Lücke war damit geschlossen. Nun kommt der zweite Kobra-Held zu ehren, wobei Held eigentlich falsch ist, haben wir es doch hier mit einem wahren Superschurken zu tun: „Die Spinne“, im englischen Original „The Spider“ genannt.

Achtung Verwirrung: In Kobra firmierte die Figur als „Spiderman“, weil unser Peter Parker seinerzeit noch von BSV, bzw. Williams eingedeutscht „Die Spinne“ hieß. Was sich ja inzwischen geändert hat, weshalb der Schurke nun korrekt übersetzt wieder als „Die Spinne“ seiner verbrecherischen Wege geht. Panini bringt die Geschichten in chronologischer Reihenfolge, wobei die Hauptfigur stets ein Rätsel bleibt: mit seinen Spitzohren und seiner Frisur und seinem Outfit erinnert er optisch an eine Mischung aus Mr. Spock, Gründgens‘ Mephisto und diversen Pulpschurken wie Fantômas (der aus den Romanen, nicht der aus den Filmen) – ist er etwa ein Außerirdischer? Ein weiteres Indiz könnte das futuristische Equipment sein, samt Pistole, die Gas oder Fäden verschießt, mit deren Hilfe „Die Spinne“ durch die Luft fliegen kann. Dann gibt es ein festes Figuren-Ensemble, das in den Episoden stets auftritt: neben der Spinne sind das der Schränker Roy Ordini und der Mad (but brillant) Scientist Professor Pelham und auf der Seite des Gesetzes die beiden Spinnen-Jäger Bob Gilmore und Pete Trask.

Alles beginnt damit, dass ein unbekannter Super-Gangster – eben unserer Freund – zur geplanten Gründung seiner Armee des Verbrechens und natürlich mit dem Ziel der baldigen Verbrechens-Weltherrschaft Ordini und Pelham in spektakulären Aktionen rekrutiert und die beiden Polizisten erstmals mit der Spinne und deren Cleverness Bekanntschaft machen. Während Ordini eher der Mann fürs Grobe bleibt, konstruiert Pelham diverse Gimmicks, v.a. den Heli-Car, mit dem das Trio fortan durch die Lüfte zu ihren Untaten gleitet. Bald tauchen die ersten beiden Gegner der Spinne auf, ebenfalls Superschurken: Der Illusionist beim Kampf um gestohlene Goldbarren und anschließend Dr. Mysterioso, der jedoch eher blass und „flexibel“ bleibt. Werden die Science Fiction Elemente hier noch dosiert eingesetzt, wofür in erster Linie die Spinne zuständig ist, wird es dann vollends wild fantastisch, als mit dem Androidenmaster der dritte Gegner die Bühne betritt, über den man erstmals auch die Hintergründe erfährt.

Die einzelnen Episoden beinhalten dazwischen gerne ähnliche Strickmuster: Die Spinne treibt ihr Katz-und-Maus-Spiel mit den beiden Polizisten, wird ein ums andere Mal für tot gehalten, findet aber stets in bester Cliffhanger-Tradition einen Ausweg aus abstrusen Situationen, so kurios der auch mitunter sein mag. Ersonnen wurde die ungewöhnliche Comicfigur, deren Abenteuer im britischen Magazin „Lion“ ab 1965 veröffentlicht wurden, von Autor Ted Cowan. Später schrieb (ab der Androidenmaster Story) tatsächlich Superman-Miterfinder Jerry Siegel die Geschichten, die mit einem weiteren Band fortgesetzt werden. Die Zeichnungen stammen durchgehend von Reg Bunn, der seine Panels opulent und mit viel Akribie ausstattet, mit vielen Strichflächen statt Grautönen, was den Bildern einen kräftigen, holzschnittartigen Touch verpasst. Ein schöner Comic-Ausflug in vergangene Zeiten, der hoffentlich noch dem einen oder anderen Kobra-Helden in dieser Form zuteilwird. (bw)

Die Spinne – König des Verbrechens, Band 1
Text: Ted Cowan, Jerry Siegel
Bilder: Reg Bunn
148 Seiten in Farbe, Hardcover
Panini Comics
35 Euro

ISBN: 978-3-7416-2436-0

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