Angekommen? Für die halb geflüchtete und halb havarierte Besatzung der Raumfregatte ist die wiedergefundene Erde, die einst die Heimat der Menschheit war, zumindest eine neue Chance. So auch für Goltan, den Androiden, und Beth, die ehemalige Priesterin, die in Goltan verliebt ist. Doch was ist aus der „guten alten Erde“ geworden? Eigentlich müsste man sich in Florida befinden. Doch weder Fauna und Flora passen so recht zur vermuteten geographischen Lage. Und keinerlei Spuren von Städten oder Siedlungen. Nachdem man sich unterhalb der schwebenden Fregatte halbwegs sicher eingerichtet hat, beginnt man die Lage zu sondieren und die Umgebung in Gruppen zu erkunden. Denn schließlich soll dies die neue Heimat werden. Als man erste überwucherte Hinweise auf vergangene menschliche Zivilisation findet, werden Goltan und Beth durch einen Zwischenfall vom Rest ihrer Gruppe getrennt und sind fortan gezwungen, sich alleine durchzuschlagen, inklusiver diverser Gefahren und Überraschungen…
TERRA ist keine neue Serie an sich, vielmehr der Auftakt eines neuen Zyklus‘, der auf den Dreiteiler TER folgt. Dort, auf dem gigantischen Raumschiff Jupiter, das mit den Jahren sogar eine äußere Atmosphäre entwickelte, trafen wir erstmals auf Goltan und Beth, die (ohne es zu ahnen) auf der Oberfläche des Schiffes lebten. Im Inneren der Jupiter wurden sie dann in eine Art Bürgerkrieg verwickelt, ehe sie mit der Raumfregatte flohen. Was eigentlich nur eine vorübergehende Flucht sein sollte. Aber nach einem Asteroidenregen verlor man die Jupiter aus den Augen. Dafür tauchte unvermittelt ein neues Ziel auf: die Erde. Standen Goltan und seine Herkunft im Mittelpunkt des ersten Zyklus, ist es also nun in TERRA die neue Heimat der „Schiffbrüchigen“.
Geschichten über die Erforschung und Besiedlung eines neuen Planeten – auch wenn es die Erde (?) ist, die vor Generationen verlassen wurde – sind für Autor Rodolphe nichts Neues und erinnern natürlich an diverse Serien, die der Routinier gemeinsam mit Leo inszeniert hat. Wie in „Centaurus“ (von Zoran Janjetov gezeichnet) beherrschen auch in TERRA diverse Mysterien und seltsame Begebenheiten das Geschehen. Direkte Begegnungen oder Spuren von mutierten Tieren oder gar Dinosauriern, Konstrukte, die zu einem unbekannten Zweck offenbar von Menschen gemacht wurden (gerne auch Anachronismen), gefährliche Begegnungen und überraschenden Verbündete. Die unfreiwillige Solo-Tour von Goltan und Beth, die ihre Gruppe bzw. ihr Hauptlager wiederfinden wollen, gerät natürlich zum verschärften Survival-Trip, inkl. eines vorläufigen überraschenden Schlusses, der die neue alte Erde eventuell wieder in einem ganz anderen Licht darstellen mag. Vielleicht.
Trotz des o.g. bekannten Strickmusters weiß die Story zu fesseln, auch weil sich Gefahren und Mysterien munter abwechseln und die Macher noch keinerlei Erklärungen präsentieren. Zeichner Christophe Dubois kleidet das Geschehen passend dazu in üppige Farben (siehe auch das Cover) und immer wieder in großformatige Panorama-Panels, voller akribischer Details und Originalität. Sein realistischer, opulenter Zeichenstil erinnert mit seinem feinen wie genauen Strich einmal mehr an Kollegen wie François Schuiten oder Jean-Claude Servais. Ein gelungener Auftakt (auch verglichen mit dem eher schwächelnden Finale von TER), spannend und schön bebildert. Wer TER kennt und/oder Serien von Leo und Rodolphe mag, wird sich auch hier bestens aufgehoben fühlen. (bw)
TERRA, Band 1: Die alte Welt
Text: Rodolphe
Bilder: Christophe Dubois
72 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
18 Euro
ISBN: 978-3-96792-050-5