Shang-Chi: Tödlicher Drache (Panini)

September 2, 2021
Shang-Chi: Tödlicher Drache (Panini Comics)

Ehemals war er der Beschützer Chinas: der Geheimbund der fünf Waffen, gegründet und geleitet von dem scheinbar unsterblichen Zheng Zu. Der verlegte nach dem Boxeraufstand in China im Jahr 1900 die „Häuser“ seiner „fünf Waffen“ in fremde Länder, in die USA, nach Frankreich oder England und wurde dabei immer unberechenbarer. Nun soll, nachdem vermeintlich Zheng Zu durch dessen Hand gestorben ist, der junge Shang-Chi, auch Bruder Hand genannt, der Chef des Bundes werden. Dem ist das gar nicht recht, lieber würde er Grandma Wang weiter in ihrer Bäckerei helfen. Doch Shang-Chis verschollene Schwester Shi-Hua (Schwester Hammer) ergreift die Initiative, tötet Bruder Stock und ruft sich selbst zur neuen, natürlich unrechtmäßigen Anführerin des Bundes der fünf Waffen aus. Also muss Shang-Chi ran, ob er will oder nicht. Leiko Wu, eine britische Agentin und zwei von Shang-Chis Halbgeschwistern (Bruder Säbel und Schwester Dolch) unterstützen ihn dabei…

Shang-Chi? Nicht unbedingt eine Premium-Figur aus Marvels Helden-Universum, sollte man meinen. Dabei ist der junge Mann schon lange im Comic-Geschäft, denn die Figur wurde bereits 1973 von Steve Englehart und Thanos-Schöpfer Jim Starlin erdacht – im Zuge des Kung Fu/Martial Arts Booms, in dem Bruce Lee und David Carradine kräftig mitmischten. Auch Shang-Chis Kollege Iron Fist alias Danny Rand entstand in dieser Zeit. Schnell bekam Shang-Chi aufgrund des sich einstellenden Erfolgs eine eigene Heftreihe und war nach deren Einstellung mit diversen anderen Titeln immer wieder bei Marvel vertreten, auch als Mitglied der Heroes for Hire und sogar als Avenger. Dennoch ist es überraschend oder zumindest bemerkenswert, dass die Figur für einen neuen Marvel Film ausgesucht wurde und damit Teil des MCU wird („Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings“). Was vielleicht auch eine Konzession an den riesigen asiatischen Markt darstellt.

Was nicht jeder weiß: Auch im Williams Verlag, der in den Siebziger Jahren die Marvel-Helden erstmals von deren Origin an veröffentlichte und damit endgültig populär machte, erschienen bereits Comics mit Shang-Chi. Unter dem passend martialischen Titel „Die tödlichen Hände des Kung Fu“ brachte der Verlag 1976 Taschenbücher heraus – offenbar mit mäßigem Erfolg, denn die Reihe wurde nach sechs Bänden wieder eingestellt (Band 5 und 6 waren sogar indiziert). Anders als die „Kung-Fu“ Heftreihe bei Bastei, die es auf stolze 155 Ausgaben brachte (immer gerne gelesen: Shi-Kai, der Rebell). Passend zum Kinofilm, der gerade startet, gibt es bei Panini natürlich neue Comics mit Shang-Chi, wobei die abgeschlossene Miniserie „Tödlicher Drache“ (im Original treffender „Brothers & Sisters“ genannt, 5 Hefte) die aktuellste Veröffentlichung darstellt.

Autor Gene Luen Yang, der bereits diverse Eisner Awards einheimste, gönnt der Figur eine Frischzellenkur, eine Art Neustart. Er zeigt Shang-Chi ganz nach Marvel Tradition als einen Held wider Willen, der weder mit seiner Helden-Vergangenheit, noch mit dem Geheimbund und erst recht nicht mit seiner Familie etwas zu tun haben will (zu Beginn seiner Comic-Karriere war der bekannte Unhold Fu Manchu sein Vater, da Marvel die Rechte an Sax Rohmers Figur besaß – danach änderte man das wieder). Aber aufgrund der Geschehnisse sieht er sich gezwungen, in seine alte neue Rolle hineinzuwachsen. Ihm bleibt keine Wahl. Die Story ist dabei nicht immer schlüssig zu verfolgen, manche Handlungsorte erscheinen willkürlich gewählt, wobei Yang mit der historischen Verankerung seiner Story punktet. Auch bei den Zeichnungen kommen die Figuren und deren Gesichter immer wieder matschig und ungenau rüber. Unterm Strich kann man Marvels neue Filmfigur aber hier unbeschwert und ohne deren Bürden der Vergangenheit kennenlernen. Alles weitere dann im Kino. (bw)

Shang-Chi, Band 1: Tödlicher Drache
Text: Gene Luen Yang
Bilder: Dike Ruan, Philip Tan
124 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
15 Euro

ISBN: 978-3-7416-2212-0

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