Leutnant Blueberry ist in Fort Navajo stationiert. Während einer Patrouille hört er Schüsse und findet die Leichen einer Indianerin und deren Tochter, kaltblütig ermordet, als diese sich gegen eine Vergewaltigung wehrten. Die Täterin ist die junge Bimhal, die mit ihrem Bruder Simeon und dem gemeinsamen Freund Arad unterwegs war. Blueberry wird von den Jugendlichen nicht gerade freundlich empfangen – die drei können entkommen und der Leutnant bringt die beiden Toten in das Dorf der Apachen, wo er versichert, dass die „Justiz der Weißen“ die Täter ihrer gerechten Strafe zuführen wird. Natürlich sind die Indianer um Amertume, der Frau und Tochter verloren hat, misstrauisch und suchen auf eigene Faust nach den Mördern. Die gehören zur Familie bzw. zur Gemeinde des Predigers R.G. Dahlstrom, der mit harter Hand über seine Schäfchen regiert. Blueberry erhält nun den schwierigen Auftrag, die drei Übeltäter dingfest zu machen. Womit seine Probleme erst beginnen…
Drei Jugendliche ohne Gewissen, ein fanatischer Prediger und sein Gefolge, ein desillusionierter Fort-Kommandant, dessen Frau ihn nicht mehr liebt und Indianer auf einem Rachefeldzug. Und mittendrin Leutnant Blueberry, der wieder einmal den drohenden, ja bereits schon schwelenden Konflikt beilegen soll, weil das eben – wie immer – sein Job ist. Bei ihrer Blueberry Version gehen Autor Joann Sfar und Zeichner Christophe Blain (die bereits bei „Donjon“ zusammenarbeiteten und von denen etliche Titel bei avant und Reprodukt erhältlich sind) zeitlich zurück zu den Anfängen des Western-Epos‘, das von Jean-Michel Charlier und Jean Giraud Mitte der Sechziger Jahre geschaffen wurde. Blueberry ist noch Soldat in Fort Navajo und bei den Indianern bereits bekannt, die sogar ein wenig Respekt ihm gegenüber zeigen. Wie einst Charlier bei seinen Alben-übergreifenden Zyklen legen Sfar und Blain die Story vielschichtig an und ziehen sie dadurch immer weiter auseinander: Mehrere Gruppen gehen ihren Interessen nach und bilden eigene Handlungsfäden, was die Aufgabe für den Leutnant immer schwieriger werden lässt. Dazu gesellen sich starke, mitunter auch kuriose Nebencharaktere (der Automaten-Schausteller Kleinman und natürlich Blueberry Spezi und Schnapsdrossel Jimmy Mac Clure) und mit Ruth, der Gattin des Kommandanten, auch eine starke Frau, die Blueberry als Love Interest auserkoren hat.
Optisch ähneln die Zeichnungen allenfalls Girauds Anfängen in der Serie, denn der eigene Stil Blains bleibt stets unverkennbar. Die Gesichtszüge der beiden in der Geschichte auftretenden Damen gleichen gerne den Schauspielerinnen Brigitte Bardot und Claudia Cardinale, die mit „Petroleum-Miezen“ tatsächlich 1971 eine französische Western-Komödie drehten. Und Sergeant Woody Jenkins ist ganz offenbar dem Konterfei von Woody Strode angelehnt, der wie Frau Cardinale in „Spiel mir das Lied vom Tod“ auftrat. Bei uns läuft das Album als Hommage Band (siehe auch die diversen Disney-Hommage-Bände franko-belgischer Künstler, die ebenfalls bei Egmont erscheinen). Das bei Dargaud erschienene Original trägt das Wort Hommage nicht im Titel, hier heißt der Band „Une Aventure du Lieutenant Blueberry“, was eher darauf hindeutet, dass sich hier – ähnlich wie in der Spirou-Spezial-Reihe – zukünftig verschiedene Zeichner und Autoren der Figur des Blueberry widmen und so ihre eigenen Versionen der franko-belgischen Western-Ikone präsentieren, ohne jeweils die vorgegebenen Pfade des Originals gänzlich zu verlassen. Doch zuerst müssen Sfar und Blain ihre bisher gelungene Story beenden. Fortsetzung folgt also. (bw)
Eine Hommage an Leutnant Blueberry, Band 1: Das Trauma der Apachen
Text: Joann Sfar, Christophe Blain
Bilder: Christophe Blain
64 Seiten in Farbe, Hardcover
Egmont Comic Collection
15 Euro
ISBN: 978-3-7704-4103-7