Sisco, Band 1 (Bunte Dimensionen)

Januar 8, 2019

Unangenehm ist er wieder einmal, der Auftrag, den der Korse Vincent Sisco-Castiglioni im Auftrag des Élysée-Palastes auszuführen hat. Dem „Pascha“, so nennt man im Geheimdienst „Direction Générale des Services de Protection du Président de la République“ liebevoll den Präsidenten, könnte ein Berater namens Saint-Servan gefährlich werden. Der weiß nämlich ein wenig zu viel über gewisse Verstrickungen mit dem Industriellen Patel, über die er mit der Journalistin Léa Dalmont plaudern möchte. Als höfliche Aufforderungen, dies tunlichst zu unterlassen, nicht fruchten, macht Sisco kurzen Prozess und regelt das Problem auf seine Weise: durch einen gezielten Schuss in den Kopf. Dumm nur, dass ein Fensterputzer, der gerade draußen seiner Arbeit nachgeht, das Ganze nicht nur mitbekommt, sondern auch noch per Handy filmt und türmen kann.

Zerknirscht muss Sisco seinem Chef Dupré das Malheur eingestehen – und erhält die klare Botschaft: die Sache ist zu bereinigen, sprich der unliebsame Zeuge muss beseitigt werden. Unter dem Spott seiner missgünstigen Kollegen, allen voran dem treffend benannten Verrat, macht sich Sisco auf die Suche, aber immer wieder schlüpft der Flüchtige seinen Häschern durch die Finger. Immerhin drapieren Sisco und seine Kollegen in der Wohnung von Saint-Servan diverse Rauschgifte, um das plötzliche Ableben wie Selbstmord aussehen zu lassen. Schließlich allerdings gelingt es den „Großen Ohren“ des Geheimdiensts, ein Telefongespräch abzuhören, in dem sich Maretti – so der Name des unliebsamen Mitwissers – mit Léa Dalmont verabredet, um ihr die kompromittierenden Aufnahmen zu übergeben. Sisco wird von der Aktion zwar ausgeschlossen, greift aber dennoch ein, als man das geheime Treffen zum Zugriff auf die Opfer zu nutzen versucht – was nur teilweise gelingt…

Mit dem harten, verbissenen und eiskalten Sisco schuf Autor Benec 2010 eine Art französische Antwort auf James Bond, der im Gegensatz zu seinem entfernten Verwandten Largo Winch genauso rücksichtslos und brutal vorgeht wie 007 in seiner Urinkarnation in Ian Flemings Romanen, bevor ihn die Leinwand-Fassungen zum schmeichlerischen Dandy umfunktionierten. Sisco hinterfragt seine Aufträge nicht, er handelt kaltblütig und heftet sich wie ein Bluthund an die Fersen seiner Ziele. Seine einzige Motivation scheint seine Karriere im Geheimdienst, ein Privatleben scheint er – bis auf kurze Schäferstündchen mit der Assistentin seines Chefs – nicht zu haben, persönliche Bindungen scheinen ihm fernzuliegen, und ein Gewissen ist eine Sonderausstattung, die er wohl vergessen hat zu bestellen.

Die Welt, in der er sanktioniert seine Morde begeht, erscheint dabei allerdings keinen Deut besser: Politiker sind korrupt und treiben es grundsätzlich mit ihren Vorzimmerdamen – selbst Sisco muss sich seine Affaire mit seinem Chef teilen. So entsteht ein durchweg düsteres Bild über Politik, Macht und Machenschaften, bei dem man sich nur wundern kann, dass man so deutlich auf real existierende Ämter und Einrichtungen Bezug nehmen darf. Inszeniert wird das Geschehen von Thomas Legrain im typisch franko-belgischen Stil, der in seinem Detailreichtum neben Philippe Francqs „Largo Winch“ auch vom Film Noir beeinflusst erscheint. Die Reihe umfasst im Original mittlerweile 12 Bände, bei denen jeweils eine abgeschlossene Storyline auf zwei Ausgaben aufgeteilt wird. Band 2, „Bring sie zum Schweigen!“, wird somit die hier begonnene Geschichte zu Ende führen. (hb)

Sisco, Band 1: Schieß nur auf Befehl!
Text: Benoît Benec
Bilder: Thomas Legrain
48 Seiten in Farbe, Hardcover
Bunte Dimensionen
15 Euro

ISBN: 978-3-944446-69-1

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