Gnadenlos und grausam, so gehen die Marsianer weiter gegen die Menschen vor. Der schwarze Rauch, den die Invasoren versprühen, tötet in Sekunden, während rotes Unkraut das Land überwuchert. Die Evakuierung Londons versinkt im Chaos: es herrscht das Recht des Stärkeren, aber selbst wenn man sich in einen der überfüllten Züge oder Schiffe retten kann, bedeutet das noch lange kein Entkommen. Ein schweres Panzerschiff bringt zwar ein Dreibein zu Fall, aber mehr als diesen Pyrrhus-Sieg erringt man nicht gegen die alles zerstörenden Angreifer. Im verlassenen Nest Ripley macht sich der namenlose Schreiberling auf den abenteuerlichen Weg zurück zu seinem Haus nach Leatherhead, wo er seine Frau zu finden hofft. Mit im Tross reist nach wie vor der Pfarrer, der sich in Gottergebenheit und Buße-Gelübden ergeht.
Voller Entsetzen verfolgen die beiden aus einer Hausruine, was die Marsianer mit den Menschen anstellen: scharenweise heben Greifarme elende Opfer in die Kampfmaschinen, um ihnen dort das Blut auszusaugen, das den Piloten als Nahrung dient. Auch der Pfarrer findet schließlich einen grausamen Tod, während der Erzähler tatsächlich nach einem tagelangen Marsch durch Ruinen, Leichenberge und wildernde Hundemeuten Leatherhead erreicht. Das Haus ist verlassen, er findet die Nachricht, seine Frau habe versucht sich nach London durchzuschlagen – und nach einem kurzen Zusammentreffen mit einem resignierten Soldaten macht sich auch der Erzähler auf die Reise ins vollkommen zerstörte London…
Auch in Teil 2 seiner Adaption des Wells-Klassikers, in dem der Brite seinen Landsleuten, die die halbe Welt im glorreichen Kolonialreich versklavten, einen beißenden Spiegel vorhielt, konzentriert sich Dobbs auf einige zentrale Elemente der Vorlage, die allerdings noch kürzer abgehandelt werden als im Auftaktband. Der zum Scheitern verurteile Versuch des Kanonenboots Thunderchild, die Kampfmaschinen zu schlagen, nimmt hier nur wenige Panels ein, und auch der Name des Schiffs fällt nicht. Die Flucht des Cousins des Erzählers, der auf seinem Weg heldenhaft einigen Damen zu Hilfe eilt, denen man rabiat ihre Kutsche stehlen möchte, huscht ohne Namensnennung ebenso schnell vorüber. Die ausladend geschilderte Vision des verzweifelten Soldaten, man solle die Erdoberfläche räumen und „underground“ eine neue Existenz beginnen, fällt völlig unter den Tisch. Wer sich also ein werktreue Umsetzung wünscht, in der alle liebgewonnenen Elemente des Romans akribisch verarbeitet sind, dem sei erneut die Fassung von Thilo Krapp ans Herz gelegt, der sich äußerst eng an den Romanszenen entlang hangelt.
Wer allerdings auch mit schmissiger Action und knalligen Set Pieces etwas anfangen kann, der sollte hier einen Blick hineinwerfen: Dobbs liefert immer wieder spektakuläre Szenen, die teilweise auch schockierende Brutalität enthalten, die allerdings in der Vorlage ebenso vorgezeichnet ist (die natürlich symbolische Blutsaugerei der neuen Herren sorgt schon im Roman für Entsetzen). Die letztendliche Lösung, die schon längst kein spoiler mehr ist, kommt natürlich ebenso zum Tragen wie die Schlüsselszenen, in denen die dünne Hülle der Zivilisation in der Ausnahmesituation schnell der Barbarei weicht. Furios, in großzügiger Ausführung inszeniert Vicente Cifuentes auch diesen Band, dem man seine Superhelden-DNA (immerhin zeichnete der Gute bereits Aquaman, Batman, Green Lantern, Green Arrow und auch sonst so ziemlich jeden DC-Charakter) durchaus anmerkt. Die Wells-Bibliothek wächst auch mit dieser Ausgabe um einen schön viktorianisch gestalteten Band, der hervorragend im Schrank steht. Im Dezember können wir uns auf die Insel des Dr. Moreau freuen, im Februar steht uns dann noch der Unsichtbare ins Haus. (hb)
H.G. Wells: Der Krieg der Welten, Band 2 (von 2)
Text: Dobbs, nach H.G. Wells
Bilder: Vicente Cifuentes
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
15,80 Euro
ISBN: 978-3-95839-504-6