Hexen des verlorenen Landes, Band 1 (Splitter)

August 18, 2016

Hexen des verlorenen Landes, Band 1 (Splitter)

Schon blöd: Da wachst Du auf und bist tot. Oder warst es. Was auch kaum besser ist. So ergeht oder erging es dem jungen Ritter Vivien, der von seinem Vater, dem Baron von Agurien, auf eine mysteriöse Mission geschickt wurde. Vivien soll mit einem Amulett Zugang zum Hofe von König Brendam erhalten, wird unterwegs aber in einem finsteren Tann hinterrücks gemeuchelt und von der Tochter einer Hexe auf wundersame Weise wiederbelebt. Die heisst Oriane, ist jung und hübsch, lebt mit ihrer Mutter eher kärglich in dem halb verfallenen Gut von Schwarzkopf und verguckt sich natürlich in den wackeren Recken. Doch Vivien muss weiter und verlässt seine Holde. In einer Schänke übergibt er das Amulett einem Getreuen des Königs. Brendam hasst seine Frau (die zumindest optisch schon was her macht). Auch sein aalglatter Sohn Elgar, der Thronerbe, ist ihm zuwider. Warum, ist ihm selbst nicht ganz klar. Die Übergabe des Amuletts und das unerwartete Auftauchen Viviens lösen dann Ereignisse aus, deren Ursprung weit in der Vergangenheit des Königs liegen. Denn Vivien ist der uneheliche Sohn Brendams, die Frucht einer Liebe, die tragisch im Wahnsinn der Mutter endete. Und Vivien ist alles andere als willkommen am Hofe, vor allem nicht bei Elgar und der Königin…

„Das verlorene Land“ geht in seine dritte Runde. Vielschreiber Jean Dufaux (Dixie Road, Kreuzzug, Saga Valta u.v.a.) erdachte seine Fantasy-Welt bereits 1993, wo sie von Grzegorz Rosinski, der mit „Thorgal“ Berühmtheit erlangte, in vier Bänden illustriert wurde. Bei uns erschien die Reihe erstmals ein Jahr darauf bei Ehapa, aktuell ist im Splitter-Verlag eine Gesamtausgabe dieses ersten Zyklus‘ erhältlich. Über zehn Jahre später veröffentlichte Dargaud den zweiten Durchgang, der als „Ritter des verlorenen Landes“ ebenfalls bei Splitter in vier Bänden zu haben ist. Gezeichnet wurde dieser vom großen Philippe Delaby (Murena), der vor der Fertigstellung des vierten Bandes überraschend und viel zu früh starb. Jetzt also der Auftakt von „Hexen des verlorenen Landes“ mit Béatrice Tillier am Zeichenbrett. Die Dame illustrierte bereits „Fee“ (auch bei Splitter) und „Der Wald der Jungfrauen“ (bisher zwei Bände bei Salleck). Und schlägt mit ihrer Zeichenkunst in die gleiche Kerbe wie Delaby. Als Filigran-Künstlerin, deren anmutiger Stil an den alter, klassischer Meister erinnert, zaubert sie äußerst realistische und dabei immer verträumt wirkende Panels auf’s Papier, denen stets eine Aura des Geheimnisvollen, des Mystischen inne zu wohnen scheint. Im Ausdruck, im Motiv wie auch in der Farbgebung.

Der Ritter und die Hexentochter...

Der Ritter und die Hexentochter…

Somit scheint sie prädestiniert für diesen neuerlichen Ausritt in die Fantasy-Welt des verlorenen Landes, der sich, nach Lektüre des Auftakts und gemäß seines Titels noch mehr der Magie und den Hexen widmet, als Zyklus Numero zwei. Gleich zu Beginn wird Vivien mit Hexenkunst wiederbelebt. Orianes Mutter erscheint wie eine Hexe im Ruhestand mit einer noch unbekannten Vergangenheit. Die „Beraterin“ oder Hofdame der Königin stammt wohl ebenso aus dieser Zunft und in der Schänke, in der Vivien weilt, hat eine weitere Hexe einen spektakulären Auftritt, mit Blitz, Donner und Feuer – wie es sich gehört. Gerne wird dabei orakelt, böse Vorahnungen in die Welt gesetzt und kommendes Unheil verkündet. Dazu kommt die seltsame wie unerklärliche Episode mit dem brennenden Dorf und seinen Bewohnern, die sich wie die Lemminge ins Meer stürzen. Inhaltlich entwickelt Dufaux eine Geschichte über Neid, Missgunst und Hass, die einem Shakespeare beinahe zur Ehre gereichen würde. Liebe hat darin (vorerst?) keinen Platz – Vivien muss sein Herzblatt überstürzt verlassen, um seine ihm noch unbekannte wie gefährliche Mission fortzusetzen, die ihn in die Höhle des Löwen führt. Dort werden Ränke gegen den König geschmiedet, der Kampf um dessen Nachfolge ist entfacht, mit Hexen als graue Eminenzen im Hintergrund. Inhaltlich ist das alles schon mal ein vielversprechender Auftakt und optisch sowieso ein Leckerbissen vom Feinsten. (bw)

Hexen des verlorenen Landes, Band 1: Schwarzkopf
Text: Jean Dufaux
Bilder: Béatrice Tillier
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro

ISBN: 978-3-95839-389-9

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