Apache Junction, Band 2 (Splitter)

März 16, 2016

Apache Junction, Band 2 (Splitter)

Waffenhandel zahlt sich vielleicht aus, ist aber brandgefährlich. Vor allem, wenn man sich in einem Kriegsgebiet darauf einlässt. Diese Erfahrung musste der schurkische Bill Bentley machen, der hinter der Kulisse eines harmlosen Familienmenschen im mexikanischen Grenzgebiet die aufständischen Apachen um den entflohenen Chiricahua Schwarzer Wolf mit Waffen versorgt. Dabei tritt er seinen Auftraggebern einmal wohl doch etwas zu nahe, denn der Kurier Roy Clinton, der auf dem Weg nach Fort Bowie ist, findet ihn übel zugerichtet und ziemlich tot auf und kommt auch selbst unter Beschuss. Bei Bentleys Ehefrau Ann und deren zwei Kinder wird er zunächst gesundgepflegt, muss aber bald feststellen, dass die liebe Ann mindestens genauso tief im Waffensumpf steckt wie ihr Mann – denn die Apachen unter Schwarzer Wolf greifen die Farm an und fordern ihre Ware. Ann behauptet zu wissen, wo die kostbare Fracht abgeblieben ist, und lässt sich auf den Deal ein, Schwarzer Wolf und seine Mannen zum fraglichen Ort zu führen – wenn die aufgebrachten Indianer sie dafür leben lassen.

Gesagt, getan, und um der Sache etwas Nachdruck zu verleihen, schnappen die Aufständischen sich die Bentley-Kinder Mary und John mitsamt Clinton als Geisel, die Schwarzer Wolf unter Führung seines Adjutanten Chatto auf eine abenteuerliche Reise durch die Steppe in Richtung seiner im Niemandsland lagernden Truppen schickt. Zu allem Überfluss macht sich auch noch Captain Owen mit seinen Spießgesellen auf die Fersen der Waffenschieber, um seinen Anteil an den schmutzigen Geschäften einzutreiben und den entflohenen Schwarzer Wolf dingfest zu machen. Denn eigentlich waren es die unter dem Anschein von Gesetzeshütern agierenden Outlaws, die Bill auf dem Gewissen haben und darauf zählen, dass man den Apachen die Schuld in die Mokassins schieben wird, was auch famos gelingt. So entspinnt sich eine Hetzjagd durch die Prärie, als in den Ausläufern des Peralta-Canyons die Fährte des Trupps um Schwarzer Wolf und Ann von den „Langmessern“ der Kavallerie aufgespürt wird. Die bringen den Scout der Blauröcke um und lenken die Soldaten mit einem nächtlichen Ausweichmanöver um den Terrapin-Pass von ihrer Spur ab.

Wie aus dem Nichts gesellt sich plötzlich der flüchtige Geronimo zu den Männern von Schwarzer Wolf und predigt die göttliche Mission, gegen die Bleichgesichter zu kämpfen, bis sie aus Apacheria vertrieben sind. Gleichzeitig erreicht Chattos Stosstrupp mit den Bentley-Kindern und Clinton hinter der Grenze zu Mexiko den Canon de los Embudos, eine verlassene Gegend, in der sich Schwarzer Wolfs Sippe versteckt hält. Der Älteste Gian-Nan-Tah vertraut Clinton, der ja selbst ein Verwandter Schwarzer Wolfs ist und aus freien Stücken unter den Bleichgesichtern wohnt, womit die größte Gefahr erst einmal gebannt ist. Aber dann verkompliziert sich die Lage: Clinton trifft auf seine Jugendliebe Nes-Chila, für die er ganz offensichtlich noch Gefühle hegt, als plötzlich mexikanische Rurales das Lager angreifen. Und auch für Ann spitzt sich die Lage immer mehr zu, als sie es unter einem Vorwand schafft, unter Aufsicht die Stadt Apache Junction zu besuchen, um dort Hinweise auf die Waffen zu bekommen. Das geht gehörig schief, der ihr zugeordnete Bewacher Chinche stirbt, und die Stadtbewohner verfolgen den Planwagen, weil sie den Braten irgendwie gerochen haben…

Auch im zweiten Kapitel seiner Western-Saga brilliert Peter Nuyten (HIER unser Interview mit ihm, das wir anlässlich der Veröffentlichung des ersten Bandes geführt haben) auf den Spuren von Girauds Blueberry: knorrige Antihelden mit nicht immer moralisch einwandfreien Motivationen treffen in spektakulär gestalteten, gerne in Pastelltönen gehaltenen großformatigen Landschaftspanoramen auf zwielichtige Gegner – und in dieser Episode ganz besonders auch auf die unaufhaltsame Macht der Geschichte. Denn waren es in Band 1 noch eher die verbrecherischen Machenschaften der weißen Eroberer, die Nuyten in den Mittelpunkt seiner realistischen Auslegung des Western-Mythos stellte, ist es nun die Zeitenwende, die Clinton offen thematisiert: die alte Freiheit, nach der sich die Chiricahuas zurücksehen und die Geronimo vollmundig verspricht, wird es schlichtweg nie mehr geben.

Dafür sorgen die Heerscharen der Siedler, Geschäftemacher und auch die Kavallerie, die alle unter einem äußerst dünnen moralischen Deckmantel rücksichtslos ihren Vorteil verfolgen. Auch Clinton ist ganz und gar kein strahlender Held: seine Verflossene Nes-Chila hat er offenbar schnöde sitzen lassen, als er sich für ein Leben unter den Weißen entschieden hat. Als Opfer erscheinen symbolisch in erster Linie die beiden Kinder, die verängstigt zum Spielball der Kontrahenten werden und belegen, dass wahre Unbescholtenheit in dieser rauen Welt keine Chance hat. Optisch wie schon Band 1 atemberaubend, detailreich, filmisch, wie in lebendig gewordener Sergio-Leone-Streifen, voller Stoppelbärte, Schlapphüten und Sombreros, Schluchten, Pumas und Schlagen. Auch wenn die erzählerische Dichte nicht überall durchgehalten wird, erleben wir eine packende, realistische Western-Saga, deren drittem Teil wir freudig entgegensehen. Splitter legt den Band in schöner Aufmachung mit einem ausführlichen Nachwort mit historischen Fotografien auf, die belegen, wie akribisch Nuyten sich am wahren „wilden“ Westen orientiert. (hb)

Apache Junction, Band 2: Schatten im Wind
Text & Bilder: Peter Nuyten
64 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro

ISBN: 978-3-86869-735-3

Tags: , , , ,

Comments are closed.