Strangers in Paradise, Band 5 (Schreiber & Leser)

März 24, 2015

Strangers in Paradise, Band 5 (Schreiber & Leser)

Vorletzter Akt der wohl längsten Dreiecksgeschichte der Comic-Historie. Bisher haben wir vier dicke Bände mit über 1400 Seiten Beziehungs-Klüngel (und natürlich vielem mehr) zwischen Katchoo, Francine und David. Mit der Nummer 5 kommen nochmal 312 Seiten dazu. Das ist maximaler Lesestoff und eigentlich kaum zu glauben, dass man ein derartiges Motiv derart beackern kann. Man kann aber. Und wie. Doch zuerst zur Story:

Wurde David in der letzten Nummer etwas vernachlässigt, steht er nun mehr im Mittelpunkt. Zum Anfang werfen wir einen Blick zurück auf seine Jugend, auf ein Ereignis, das ihn prägen sollte. Dann taucht er überraschend in der Vernissage Katchoos auf. Die ist inzwischen eine gefeierte Malerin – ihre Bilder verkaufen sich wie geschnitten Brot. Eine Galeristin unterstützt sie. Als Katchoo und David nach einer ausgiebigen und ausgedehnten Wiedersehensfeier aufwachen, sind sie in Las Vegas (dort arbeitet inzwischen Casey als Showgirl) und – verheiratet?! Nun, eigentlich handelt es sich um eine Ehe-Absichtserklärung und natürlich gehen beide bald wieder auseinander, aber diesmal als Freunde. Und Francine? Die hat zum Schluss von Band 4 nun doch ihren Brad geheiratet und seitdem gehen sie und Katchoo getrennte Wege – auch in dieser Ausgabe. Dass das so nicht bleibt, können wir uns denken – Fortsetzung und Schluss beglücken uns dann im letzten Band.

Natürlich verlässt sich Terry Moore nicht nur auf die blanke Dreiecksgeschichte. Vor allem Katchoos lebhafte wie dunkle Vergangenheit als Parker-Girl sorgt immer wieder für Aufregung und Abwechslung, da immer wieder Figuren aus ihrem früheren Leben auftauchen und gehörig für Wirbel sorgen. Aber der Parker-Girl Fall wird in diesem Band endgültig (oder doch nur vorläufig?) und überraschend schnell ad acta gelegt. Dann gibt es begleitende Nebenhandlungen, wie der Showgirl Stalker oder die beginnende, neue Mordserie in Houston, die neugierig macht. Langeweile? Fehlanzeige. Insgesamt ist der Band weniger spektakulär als sein Vorgänger und ruhiger, ganz ohne Parker-Girl Intrigen. Eine gewisse Melancholie ist zugegen, vielleicht auch Resignation, als Katchoo ihr Leben akzeptiert, Francine vergessen will (was natürlich nicht klappt) und sich ganz der Malerei widmet (Erfolg inklusive). Trotzdem finden sich immer wieder Fäden, die die Handlung verknüpfen, deren Zentrum Houston ist. Dort hat Katchoo ihre Galerie, Brad bekommt dort eine lukrative Arztstelle, weshalb er mit Francine wieder umzieht und auch Casey kehrt nach ihrer Zeit als Las Vegas-Showgirl nach Houston zurück.

Überhaupt, die Figuren außerhalb des magischen Dreiecks, allen voran Casey und Freddie: Casey gewinnt schon in Band 4 immer mehr an Profil. Vom naiven Dummchen, das sich an jeden Mann hängt, zur lebensbejahenden Freundin (und etwas mehr) Katchoos. Auch Freddie scheint sich zu wandeln. Trotz seine überheblichen Arroganz Frauen gegenüber und einer gnadenlosen Selbstüberschätzung ist er inzwischen zum Vize-Staatsanwalt aufgestiegen und so kreuzen sich auch seine Wege – auch oft indirekt – immer wieder mit Katchoo und Francine. Und er sorgt immer noch gerne für humoristische Einlagen, beispielsweise als er Katchoos riesiges Portrait von Francine für 200 $ kaufen will und sich empört, dass er abblitzt (später geht es für $ 150.000 weg). Auch andere kürzere (die junge Katchoo klaut das Steak von Kevin Spacey) und längere Episoden (die Vergangenheit von Francines Mutter als Pin-Up Star Mary Midnight) sorgen für einen erfrischenden Witz.

‚Strangers in Paradise‘ war schon immer ein Gesamtkunstwerk, das sich nicht nur auf das reine Comic-Panel beschränkt. So gibt es regelmäßige Fließtext-Erzählungen, Tagebuchauszüge, Gedichte, Songtexte (in der Regel von Griffin Silver, Fancines Rockstar-Schwager). Und jetzt auch noch etliche ganzseitige Abbildungen von Katchoos Gemälden (die sehr oft Francine zum Inhalt haben), inklusive einer Anspielung an Terry Moores neue Horror-Serie ‚Rachel Rising‘ (über die wir ebenfalls schon ausgiebig berichtet haben). Sein Zeichenstil weicht immer wieder von der Norm ab. So werden einzelne Episoden überzeichnet im Funny-Stil dargestellt, andere sind als Bleistift-Entwürfe belassen. Und das alles äußerst gekonnt, in das Gesamtbild passend. Fazit: auch nach nun 1700 Seiten sind keinerlei Ermüdungs- oder gar Abnutzungs-Erscheinungen zu finden. Und: das Preis-Leistungsverhältnis ist hinsichtlich der Lesedauer bemerkenswert – jeder Band bietet ausgiebigen Stoff und leider, leider ist mit dem nächsten endgültig Schluss. (bw)

Strangers in Paradise, Band 5
Text & Bilder: Terry Moore
312 Seiten in schwarz-weiß, Softcover
Verlag Schreiber & Leser
16,95 Euro

ISBN: 978-3-943808-50-6

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