Nach dem schrecklichen Autounfall: die kleine Zoe ist verschwunden, Rachel ‚lebt‘, ihre Tante Johnny liegt schwerverletzt im Krankenhaus und ihre beste Freundin Jet ist tot. Genickbruch. Doch just als Jet im Leichenhaus von Earl für die Beerdigung präpariert werden soll, wacht sie wieder auf. Das gleiche Phänomen wie bei Rachel: tot, nicht tot. Oder beides. Während die Freundinnen ein kurioses Wiedersehen feiern, erfahren wir mehr über Zoe. Die beherbergt einen Dämon namens Malus (genau, nomen est omen), der von der geheimnisvollen Blonden namens Lilith gestellt wird. Beide schlossen einst einen Pakt, dessen Hintergründe noch im Dunklen liegen. Fest steht: Lilith wollte Manson vernichten aber Malus spielte nicht so recht mit. Später treffen Lilith und Rachel im Schneegestöber aufeinander und Lilith berichtet von dem schrecklichen Verbrechen, das die Bewohner Mansons vor 300 Jahren an ihr und an Rachel (!) begangen haben. Aber stimmt Liliths Mär? Sind sie und Rachel Hexen? Weshalb die späte Rache? Und was hat es mit der Schlange auf sich? Wieso ploppen Leichen aus ihren Gräber und formen ein Pentagramm? Welche Pläne verfolgt Malus, der sich nach Zoe nun in einem neuen Wirtskörper eingenistet hat?
Der blanke Horror geht weiter. Und der ist ganz anders, als bei üblichen Genrevertretern. Man tut sich mit Vergleichen schwer, was als großes Lob zu verstehen ist – hat Terry Moore doch hier etwas ganz Eigenständiges geschaffen. Echter Horror, der sich doch den Klischees entzieht, gepaart mit einem Kuriositäten-Kabinett, das aus den Bewohnern Mansons besteht: der skurrile Earl, tumb aber grenzenlos gutmütig. Dr. Siemen, der seit vielen Jahren seine tote Frau Sylvie am Küchentisch sitzen hat. Und natürlich Rachel und Jet. Quasi Zombies. Nicht hirnlos oder verfressen, vielmehr bei klarem Verstand. Aber halt doch untot. Aber ihre Umgebung scheint den ‚Zustand‘ der beiden schon nach kurzer Zeit zu akzeptieren. Es ist auch nicht dunkel, wenn Unheil geschieht. Keine Teenager, die mit Taschenlampen bewaffnet alleine dunkle Orte erkunden. Hier geschieht alles am hellichten Tag. Plötzlich, überraschend, aber immer konsequent unheilvoll. Und es schneit. Unaufhörlich – was manche nicht stört, in kurzen Hosen umherzulaufen. Auch der Ausflug in die Fantasy, mit dem Dämon Malus und Lilith als uralte Hexe passt stimmig in das Gesamtbild und bringt die Story ein ganzes Stück voran. Trotzdem bleiben natürlich Zweifel an der Geschichte, die Lilith Rachel erzählt. Was also wirklich vor 300 Jahren geschah, ob es so passierte, wird in den Folgebänden zu klären sein. Fest steht: Lilith hat es auf Manson und seine Bewohner abgesehen. Auf alle. Nicht vergessen dürfen wir den makabren Humor, für den v.a. Jet sorgt, die ihren Zustand sarkastisch kommentiert, inklusive der Situationskomik mit ihrem hängenden Kopf.
Moore zeichnet sehr klar und treffend. Mit feinem Strich. Der Schnee und die Flocken, die immerwährend niedergehen, schaffen einmal eine fast romantische, dann wieder eine unheimliche, bedrohliche Atmosphäre. Schauerromantik, nur ganz in weiß. Und wieder ist es ganz erstaunlich, dass er nach seinen Strangers in Paradise (Band 5 wird in Kürze hier besprochen) in ein komplett anderes Genre eintaucht und dieses gehörig aufmischt. Auszeichnungen, wie den Harvey Award, sprechen da für sich. Bisher passierte viel und es wird noch viel passieren in Rachel Rising. Freuen wir uns auf neues Schaudern in Band 3, der im Februar erscheint. (bw)
Rachel Rising, Band 2: Das Böse in dir
Text & Bilder: Terry Moore
128 Seiten in schwarz-weiß, Softcover
Verlag Schreiber & Leser
14,95 Euro
ISBN: 978-3943808-47-6