Jetzt ist es endlich passiert. Mister Dark, der Schwarze Mann, ist tot. Erlegt durch die Hand des Nordwinds, des Vaters von Bigby Wolf, die zueinander ein eher suboptimales Vater-Sohn Verhältnis hatten. Jetzt muss die entstandene Lücke schleunigst gefüllt werden, indem eines der Kinder von Bigby und Snow White zum Nachfolger erkoren wird. Doch wer? Die Zephyre des Nordwinds veranstalten dazu einen regelrechten Wettbewerb, denn sie haben selbst keine Ahnung, welches der Kinder sie wie und warum auswählen sollen. Sehr zum Mißfallen der anderen Hauptwinde, die sich inzwischen auch eingefunden haben und eigene Interessen verfolgen. Um diesen Haupterzählstrang herum gibt es wieder mehrere Nebenschauplätze, die zukünftige Ereignisse und Abenteuer vorbereiten können und die zeigen, wie groß und umfassend das Fables-Universum inzwischen ist und wie überraschend sich die Charaktere entwickelt haben. Einige folgern aus den Nachwehen des Kampfes gegen Mister Dark, andere sind davon unabhängig. So kehrt Rose Red mit einer Vorhut auf die verlassene Fables Farm zurück, um zu prüfen, ob es noch Fallen von Mister Dark gibt und um eine baldige Rückkehr vorzubereiten. Im ehemaligen Fabletown selbst harren die nun schlanke und attraktive Schwester Pratt und ihr Fechtlehrer aus und sinnen auf Rache ob des Todes ihres Meisters, Mister Dark. Und Bufkin, der im früheren Lande Oz unterwegs ist, um eine Rebellion zu starten, kommt in ernste, sehr ernste Schwierigkeiten.
Nach Story-Höhepunkten wie dem Kampf gegen scheinbar übermächtige Gegner wie den Kaiser oder nun den Schwarzen Mann entsteht erfreulicherweise kein Leerlauf. Es geht munter und frisch weiter, Verschleißerscheinungen sind an der Vertigo-Serie auch nach über 100 Heften (der Band enthält die US Originale 108-113) nicht festzustellen. Die Welt der Fabel- und Märchenwesen ist halt biegsam und dehnbar, mit den Figuren lässt sich so einiges anstellen. Willinghams Fantasie kennt offenbar keine Grenzen (siehe auch die Ableger Fairest und Jack of Fables) und hält sich an keine Konventionen. Das Produkt sind epische Geschichten mit bunt gemischten, aber klar herausgearbeiteten Charakteren und kluge Spannungsbögen. Erzählerisch ganz groß. Auch Buckingham, der mit der Superhelden-Hommage im letzten Band ganz offiziell dem Zeichenstil Jack Kirbys (diesmal mit Kirby-Dots) huldigen durfte, überrascht immer wieder mit seinen Bildern: hier beeindruckt die (scheinbar?) natürliche Farbgebung. Die Panels sehen aus, wie direkt koloriert, also ganz oldschool per Hand. Sollte ein Computer dazu benutzt worden sein – Respekt, es sieht klasse aus. Ansonsten erleben wir wieder die lieb gewonnene Buckinghamsche Qualitätsarbeit. Inklusive thematisch passender Seitenrahmen. Einfach gut.
Die abschließenden Kurzgeschichten wurden u.a. von dem großen P. Craig Russell (Elric) und dem bekannten Cover-Zeichner Adam Hughes gestaltet. Übrigens: wie auch bei The Walking Dead, dem anderen Comic Hit aus den USA, kann man mit Fables Charakteren neuerdings auch zocken: The Wolf Among Us ist als Episoden-Game für PC und Konsolen erhältlich. Episode 3 wurde gerade veröffentlicht. (bw)
Fables, Band 20: Erben des Windes
Text: Bill Willingham
Bilder: Mark Buckingham, Shawn McManus, P. Craig Russell, Adam Hughes
148 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
16,99 Euro