Lange erwartet, jetzt endlich da: Die neueste Comic-Adaption von Michael Moorcocks Fantasy-Epos Elric. Von was? Nun, vom deutschen Markt fast unbeachtet erfreut sich die Figur des Albino-Königs Elric von Melniboné im englischen Sprachraum seit den 1960er Jahren großer Beliebtheit. Moorcock schrieb mehrere Elric-Romane und im Zuge der Fantasy-Welle rund um Conan dauerte es nicht lange, bis seine Schöpfung für die Comics entdeckt wurde. Den Anfang machte aber viel früher, auch in den Sechzigern, der Franzose Philippe Druillet (Salammbo, Nosferatu), dann gehörten Sujet und Figur lange ganz den Amerikanern. Von allen dort erschienenen Elric Comics waren die des kongenialen Duos Roy Thomas und P. Craig Russell wohl die besten (Anspieltipp: „The Dreaming City“). Jetzt sind die Franzosen wieder dran. Abgesegnet von Moorcock persönlich, der auch das Vorwort zu diesem Band verfasste. Und der sich im franko-belgischen Comic auskennt. Wir erinnern uns: seine Romanfigur des Major Grubert wurde von Moebius zum Comicklassiker gemacht.
Und sofort tauchen wir als Leser hinein in eine faszinierende Fantasy-Welt mit wunderbar klingenden Namen: das seelentrinkende Schwert Sturmbringer, die träumende Stadt Imrryr, die Zivilisation der Melnibonéer. Übrigens ein ganz fieser Haufen. Elitär, dekadent und grausam. Man hält sich Menschen wie Tiere, labt sich an ihrem Blut (ja, die Darstellungen sind bisweilen recht heftig) und… langweilt sich. Denn Elric, der Herrscher auf dem Rubinthron, sorgt sich mehr um sich als um Ruhm versprechende Eroberungen und Feldzüge. Elric ist anders als seine Vorgänger. Ein Albino, weißhäutig, von zerbrechlicher Gestalt. Mit seiner Gesundheit steht es auch nicht zum Besten, er ist auf Drogen respektive Blut angewiesen und wird von seiner Cymoril hingebungsvoll gepflegt.
Die Story an sich ist noch recht simpel, wir sind ja erst am Anfang. Prinz Yyrkoon, Cymorils Bruder und selbst scharf auf den Rubinthron, inszeniert einen Angriff auf die Dracheninsel und nutzt die Gelegenheit, sich Elric zu entledigen, um selbst Herrscher zu werden. Doch der überlebt mit Hilfe von Straasha, dem Herrn der Ozeane, und will sich nun selbst an Yyrkoon für dessen Verrat rächen. Was sich als schwierig erweist, denn Yyrkoon weiß sich – ganz im Stile eines Loki – zu wehren. Er entführt Cymoril und zwingt Elric so, eine dämonische Allianz einzugehen. Klingt wie eine Standard Rache-Mär, aber keine Angst, das wird noch besser. Sturmbringer, Elrics Schwert ist noch nicht mit von der Partie und sein dunkles wie tragisches Schicksal, nämlich die Zerstörung seines eigenen Reichs (das ist kein Spoiler, sondern bekannt) wird auch nur angedeutet. Da ist noch Potential ohne Ende.
Zeichnerisch sehen wir eine ungewöhnliche Symbiose zwischen drei Hochkarätern. Didier Poli (Kind des Blitzes) besorgt die Vorzeichnungen. Robin Recht (Der Glöckner von Notre Dame, Das dritte Testament) tuscht. Und Jean Bastide (Krieg der Sambres, Der Glöckner von Notre Dame) ergänzt, korrigiert und färbt. Das funktioniert prächtig. Die starken, markanten, schwarz betonten Zeichnungen erinnern an Long John Silver und – tatsächlich – in ihrer wilden, wuchtigen Fantasy-Pracht an Die Chroniken des Schwarzen Mondes, nur eben viel besser. Ehrfurcht gebietende Architektur, riesige Schlachtschiffe, fremdartige Kostüme, eine passende Panelgestaltung. Beeindruckend. Ergänzende, mit Erläuterungen versehene Skizzenseiten runden den Band ab. Vorerst sind vier Teile geplant. Ein absolutes Muss für alle Fantasy-Freunde. (bw)
Elric, Band 1: Der Rubinthron
Text: Julien Blondel nach Michael Moorcock
Bilder: Didier Poli, Robin Recht, Jean Bastide
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro
ISBN: 978-3-86869-658-5