Flugzeuge bauen! Unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs findet sich der Konstrukteur Jean Vatine in Buenos Aires wieder. Wahrscheinlich nicht ganz ohne Grund. Seine Fabrik in Toulouse wurde verstaatlicht; zu seinem Sohn, der gegen den Willen des Vaters zur Royal Air Force ging, hat er seit drei Jahren keinen Kontakt mehr. Jetzt will er gemeinsam mit seinem Freund, dem Testpiloten Albert Durand, in Argentinien noch einmal von vorn beginnen und ein neues Jagdflugzeug konstruieren. Doch im Ministerium für Luftfahrt blitzt er gnadenlos ab, man zeigt kein Interesse für sein Projekt. Dann kommt ihm ein glücklicher Zufall zu Hilfe: ein Autounfall mit der Kunstfliegerin Consuela Martinez, die gleichzeitig die Jugendfreundin einer gewissen Eva Perón ist, die bald als Evita weltberühmt werden sollte. Mit deren Unterstützung könnte sein Vorhaben doch noch gelingen…
In ihrem wieder bei Bunte Dimensionen erscheinenden Zweiteiler (der tatsächlich noch vor „Das Pin-Up der B-24“ entstand) begibt sich das kreative Duo Jack Manini und Michel Chevereau auf nur selten „bespieltes“ Comic-Terrain, sowohl was Thematik, Ort und Zeit betrifft: Ein Flugzeugbauer, offenbar erfolgreich, mit eigener Firma, der mit den deutschen Besatzern zusammenarbeiten musste und danach alles verlor. Der nun noch einmal in der Fremde einen Neuanfang wagen will. Dann die Zeit nach der Stunde Null in einem südamerikanischen Land, das sich während des Krieges offiziell Neutralität bewahrte, in dem es nun aber gärt, als Juan Perón nach der Macht greift. Unterstützt von seiner Frau Eva, die bald von den unteren sozialen Schichten des Landes als eine Art „Mutter der Nation“ wie eine Heilige verehrt werden wird.
Die historisch-politische Lage stellt dann auch den Hintergrund der Handlung. Wir verfolgen, wie Vatine und Durand, nachdem ihr Projekt tatsächlich grünes Licht bekam, ein Team zusammenstellen, um den Prototyp zu konstruieren und zu bauen. Ein fähiger wie knorriger Mechaniker stößt dazu, wie auch ein deutscher Konstrukteur namens Hans Müller, natürlich blond – und mit Nazi-Vergangenheit? Der Band zeigt auch starke Frauenfiguren, die immer wieder ihre Unabhängigkeit betonen. Neben Evita (die später auch das Frauenwahlrecht im Land durchsetzte) sind das die Pilotin Consuela Martinez, die später mit Vatine liiert ist und deren Tochter Chola, die bald für Turbulenzen innerhalb des Teams sorgt und dort diverse Köpfe des männlichen Personals verdreht, wodurch schließlich das ganze Projekt in Gefahr gerät.
Tatsächlich beruht die Story auf historischen Begebenheiten, wenngleich der ausgewanderte Konstrukteur hier ein Franzose ist. Denn nach dem Krieg zog es neben Nazis und deren Sympathisanten auch arbeitslose deutsche Ingenieure nach Argentinien, die hofften dort wieder ihrem Beruf nachgehen zu können und moderne Düsenflugzeuge zu konstruieren. Wobei es zur Serienreife – auch aufgrund politischer Umstände – fast nie kam. Ein Sekundärartikel am Ende des Bandes beleuchtet diese Episode und stellt Personen wie auch die betreffenden Flugzeugtypen vor. Wie bereits bei „Das Pin-Up der B-24“ zeigt Zeichner Michel Chevereau hier wieder einen gefälligen wie detaillierten realistischen Strich. Die stimmigen Farben steuerte übrigens Autor Jack Manini bei, der auch als Zeichner schon reüssierte. Der abschließende Band 2 erscheint im November. Wir werden berichten. (bw)
Das Gewicht der Wolken, Band 1: Die Freundin von Eva Perón
Text & Story: Jack Manini
Bilder: Michel Chevereau
56 Seiten, Hardcover
Bunte Dimensionen
17 Euro
ISBN: 978-3-949144-31-8
