Auf der Suche nach Peter Pan (Cross Cult)

Mai 23, 2023
Auf der Suche nach Peter Pan (Cross Cult)

Schweiz, Walliser Alpen, um 1930. Melvin Z. Woodworth ist Brite und ein erfolgreicher Schriftsteller. Bisher. Denn nun plagt ihn eine Schreibblockade, verbunden mit dem Druck seines Verlegers, der auf einen neuen Roman drängt. Melvin sucht daher Inspiration und hofft sie im Wallis zu finden. In dem beschaulichen und ursprünglichen Bergdorf Ardolaz, das gerade vom Tourismus entdeckt wird, mietet er sich für zwei Monate ein. Die Wahl des Ortes hat für Melvin aber noch einen ganz persönlichen Hintergrund. Hier in Ardolaz starb sein Bruder Dragan, ein leidlich und vermeintlich erfolgreicher Musiker, der im örtlichen Grand Hotel Klavier spielte. Nun scheint die plötzliche Evakuierung des Bergdorfes, das durch einen massiven Gletscherbruch bedroht ist, Melvins Reise jäh zu beenden. Doch er beschließt wider alle Vernunft in dem verlassenen Ort zu bleiben und stößt nach und nach auf Geheimnisse, die auch seinen Bruder betreffen…

Coseys „Auf der Suche nach Peter Pan“ (franz. „À la recherche de Peter Pan“) debütierte 1983 im Magazin Tintin. 1987 veröffentlichte der Carlsen Verlag das Werk in zwei Bänden (entsprechend der ersten Album-Ausgabe in Frankreich) und fünf Jahre und einen Max-und-Moritz-Preis später eine Hardcover Edition im Schuber im Rahmen des 25-jährigen Carlsen Jubiläums. Cross Cult brachte dann 2009 die Geschichte in einem Band mit beiden Teilen heraus, als einen der wenigen aber fein ausgesuchten franko-belgischen Verlagstitel (siehe „Simon vom Fluss“ oder „Roland, Ritter Ungestüm“). Jetzt folgt aus dem gleichen Hause eine neue Edition des Bandes, die in limitierter Form nun auch als Schwarz-Weiß Fassung erhältlich ist. Was ist anders? Zuerst das Lettering, das sich dem Original von Cosey wieder annähert und ein hochwertiger Druck. Dann finden wir hier einen neuen Essay von Comic-Experte Andreas C. Knigge, vor Zeiten auch bei Carlsen, der auf dem Artikel der ersten Cross Cult Edition basiert. Das Interview mit Cosey ist dagegen ersatzlos gestrichen.

Auf der Suche nach Peter Pan - Schwarz-Weiß Ausgabe (Cross Cult)

Der Schweizer Zeichner Cosey (d.i. Bernard Cosandey), Jahrgang 1950, lernte sein Handwerk bei Derib, der durch seinen realistischen Western „Buddy Longway“ bekannt ist und der mit dem Funny-Indianerwestern „Yakari“ Geld verdient. Coseys einzige und dafür äußerst langlebige Serie ist „Jonathan“, die vorrangig im Himalaya spielt, die er bereits 1975 begann und nach vielen Pausen erst 2021 mit insgesamt 17 Alben endgültig beendete. Bei uns erscheint bzw. erschien die Reihe im Carlsen Verlag und danach bei Salleck Publications. Die Carlsen Titel sind längst vergriffen, wie auch der erste Salleck Band – eine „Jonathan“ Gesamtausgabe wäre hier durchaus eine pfiffige Idee. Neben diversen Einzelbänden, zuletzt auch bei Salleck, dürfte Cosey Leserinnen und Lesern v.a. durch seine beiden ungewöhnlichen wie gelungenen Disney Hommagen („Eine geheimnisvolle Melodie“ und „Minnie Maus – Tante Mirandas Geheimnis“) bekannt sein.

„Auf der Suche nach Peter Pan“ gilt bis heute als eines seiner Haupt- und Meisterwerke und brachte ihm den Titel „Zeichner der Stille“ ein. Die winterliche gedämpfte, mitunter auch geheimnisvolle Atmosphäre prägt fast den gesamten Band. Schnee liegt beruhigend über dem Bergdorf, wo sich nach und nach die Handlung entwickelt, als Melvin auf Personen trifft, die seinen Bruder kannten, darunter die mysteriöse wie bezaubernde Evolena und den Falschmünzer Babtistin, anfangs eine zwielichtige Gestalt, die von der örtlichen Gendarmerie hartnäckig gesucht wird. Dazu kommt die permanente Bedrohung durch den Gletscher und die Evakuierung der Bewohner. Wodurch sich die Story schließlich auf nur wenige Personen reduziert, verdichtet und mehr Fahrt aufnimmt, bis es zum Unvermeidlichen kommt.

Cosey nimmt sich viel Zeit für die Darstellung der Menschen, die seine Geschichte bevölkern. Ihr Handwerk, ihre Tracht. Wie auch die zahlreichen stimmigen Dorfansichten der alten traditionellen Holz- und Bauernhäuser, gegen die sich das mondäne, wenn auch (noch) verlassene Grandhotel wie ein Fremdkörper ausnimmt. Wo keine Worte nötig sind, verzichtet er darauf, wie gleich zu Beginn oder bei den einsamen Skitouren Melvins. Die Farben sind stets gediegen, in Brauntönen, winterlich, jedoch niemals trist und unterstützen die angenehme Atmosphäre, die den gesamten Band umschließt. Der Schluss, bzw. der Epilog der Geschichte wird gerne kritisiert. Wäre es ein Film, könnte man die Behauptung aufstellen, die Produzenten bestanden darauf. Doch weit gefehlt. Cosey wollte den dreiseitigen Epilog genauso haben – und damit ein letztendliches, doch noch buntes Happy End. (bw)

Auf der Suche nach Peter Pan
Text & Bilder: Cosey
160 Seiten in Farbe, Hardcover
Cross Cult
30 Euro

ISBN: 978-3-96658-935-2 (Farb-Ausgabe)
ISBN: 978-3-96658-939-0 (Schwarz-Weiß-Ausgabe)

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