Der Buddha des Himmels (Salleck)

Mai 6, 2011

 

Tibet 1955: Hoch droben im ewigen Eis findet ein Mönch ein kleines Mädchen. Es kauert vor einer Höhle, die den mystischen Buddha des Himmels verbirgt, dessen Verbleib eigentlich niemand kennt und kennen darf. Das Findelkind wird fortan als fünfte Reinkarnation der Lhahl, der Wächterin des Buddhas des Himmels, erzogen.

Zeitsprung ins Jahr 1963. Durch Zu- und Unfälle verschlägt es den jungen Engländer Gifford Cardboard in das abgelegene tibetanische Kloster Chö Gompa, in dessen Nähe auch Lhahl isoliert auf ihre spätere Rolle vorbereitet wird. Zwei kurze Begegnungen mit Lhahl verändern sein Leben. Schließlich, als die chinesischen Besatzer Soldaten in Richtung Kloster schicken, muss Gifford fort, zurück zu seiner Familie nach Kalkutta. Mit Lhahl im Herzen.

Wieder Jahre später, 1976. Gifford lebt abgeschieden und allein in New Hampshire. Er schreibt an einem Buch über seine Zeit in Tibet. Da entdeckt er eine kurze Meldung in der Zeitung über einen geplanten Propaganda-Auftritt der fünften Lhahl in Chö Gompa. Sofort macht sich Gifford auf den Weg. Doch handelt es sich wirklich um seine Lhahl? Und was soll sie bei dem Auftritt verkünden?

Coseys Comics finden oft in Eis und Schnee statt. Ob das seine Hauptserie ‚Jonathan‘ ist (die auch im Himalaya spielt und aktuell ebenfalls bei Salleck erscheint), Einzelbände wie ‚Tallulah & May‘ (Carlsen Verlag, vergriffen) oder sein Meisterwerk ‚Auf der Suche nach Peter Pan‘ (dt. bei CrossCult).

Der erste Teil der Gesamtausgabe (2005 in Frankreich bei Dupuis in zwei Bänden erschienen) widmet sich ganz den Erlebnissen Giffords im abgeschiedenen Kloster und den Begegnungen mit Lhahl. Als Fremder in einem fremden Land. Nicht von ungefähr soll sein Buch später ‚7 Weeks in Tibet‘ heißen. Heinrich Harrer lässt grüßen. Die tibetanischen Mönche werden nicht als spirituell Entrückte dargestellt. Vielmehr zeigen sie sich neugierig, saugen Giffords Wissen gierig auf und intonieren Beatles Schlager. Nebenbei wird noch augenzwinkernd die Legende um den sagenhaften Yeti ad absurdum geführt.

Band zwei ist anders. Die Bergromantik macht der Realität Platz. Tibet ist besetzt, Giffords Freunde im Kloster sind tot, ermordet. Und Lhahl? Was wurde aus ihr? Findet Giffords Sehnsucht, nicht nur nach Tibet, doch noch ihre Erfüllung?

Ach, das Geheimnis um den namensgebenden Buddha des Himmels wird auch gelöst, ist aber fast nebensächlich. Denn wie vermutet Gifford: „Der Buddha versteckt sich in jedem von uns.“

Coseys kantiger Strich erscheint auf den ersten Blick grob und eigentlich völlig ungeeignet für die Darstellung der gigantischen Bergwelt Tibets. Eigentlich. Sollte man meinen. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Mit erstaunlicher Detailfülle und wird eine wunderbare Stimmung erzeugt. Fremdartige tibetische Ornamente schmücken die Seiten und die Texte. Cosey erweist sich erwartungsgemäß als profunder Kenner von Kultur, Land und Leute.

Eine wunderbare, warmherzige Geschichte, eine Suche nach dem Glück, die große Gefühle vermittelt. Auf zurückhaltende Art und Weise ganz sanft und doch bestimmt erzählt, mit einem versöhnlichen wie überraschendem Schluss. Das ist ganz große Comickunst, das können nur Wenige. Cosey ist einer von ihnen. (bw)

Text & Bilder: Cosey
140 Seiten in Farbe, Hardcover
Salleck Publications
29 Euro

ISBN 978-3-89908-379-8

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