Tenebrae, Band 1 (Splitter)

August 25, 2022
Tenebrae, Erstes Buch (Splitter Verlag)

Klingt doch verheißungsvoll: Arzhur, ein ehemaliger Ritter, der sich nun als Söldner verdingt und dessen Ehre genauso in der Gosse gelandet ist wie er selbst, nimmt einen vermeintlich lohnenswerten Auftrag an. Gemeinsam mit seinem Knappen Youenn, der ihm noch treu ergeben ist, soll er eine Prinzessin befreien, die auf einer finsteren Burg gefangen gehalten wird. So sagen es zumindest die drei zugegebenermaßen nicht unbedingt seriös wirkenden alten Frauen, die Arzhur als Belohnung neben Geld u.a. die Wiederherstellung seiner Ehre versprechen. So nimmt er den Auftrag an, trotz der Bedenken seines Knappen. Und tatsächlich schneidet das Schwert, das Arzhur von den drei Alten extra bekommen hat, wie Butter durch die Monsterhorden. Die Prinzessin, eine junge Dame namens Islen, ist dann auch schnell befreit. Allerdings hat die Sache einen gewaltigen Haken: Islen wollte nicht befreit werden, weil sie gar nicht gefangen war, sondern freiwillig auf der Burg lebte…

Nachdem die Story dieses Fantasy-Zweiteilers recht schnörkellos bis zum Auftritt der Prinzessin führt, verändern sich die Vorzeichen schnell: Arzhur merkt, dass er getäuscht wurde und verjagt die drei vermeintlichen Hexen (es sind immer drei, ob bei Macbeth oder bei Sandman…), die er sich damit natürlich zum Feind macht – und die hier nicht ihren letzten Auftritt haben werden. Als noch ein Stück abenteuerlicher entpuppt sich Islens Familiengeschichte – die erst traumhaft und dann tragisch verlaufende Beziehung ihrer Eltern, v.a. die Herkunft ihrer Mutter verbunden mit den außergewöhnlichen Eigenschaften und Fähigkeiten der ehemaligen Königin, die gleichzeitig auch der Grund für Islens freiwilliges Exil geworden sind. Und vom Regen in die Traufe kommt Arzhur dann endgültig, als er die Prinzessin zurück zu ihrem Vater, dem König, begleitet, dem inzwischen eine neue, intrigante Gattin (mit „frischem“ Nachwuchs) zur Seite steht.

Zeichner Vincent Mallié ist inzwischen ein alter Fantasy-Hase und v.a. durch seine Zusammenarbeit mit Régis Loisel bekannt. Er gestaltete zwei Alben von dessen Klassiker „Auf der Suche nach dem Vogel der Zeit“ und die sechsteilige Reihe „Der grosse Tote“, die Loisel schrieb und die gerade bei Egmont neu aufgelegt wurde. Auch der Zweiteiler „Tenebrae“ (Latein für Dunkelheit) kommt als märchenhafte Erzählung daher, verbunden mit klassischen mittelalterlichen Mythen, mit denen aber bald gründlich aufgeräumt wird: Keine Jungfrau in Nöten, kein ritterlicher Drachentöter, keine fürstliche Belohnung und damit vorerst kein Happy End. Nur die Ex-Königin erfüllt ihre Rolle, wahlweise als eine Art böse Schwiegermutter/Hexe/Drahtzieherin mehr als perfekt. „Tenebrae“ ist die letzte Arbeit des Autors und Koloristen Hubert (Boulard), der leider 2020 starb und von dem bei Reprodukt diverse Bände vorliegen (u.a. „Fräulein Rühr-Mich-Nicht-An“). Der zweite und letzte Teil erscheint dieser Tage bei Dupuis und ist bei Splitter für den April nächsten Jahres geplant. (bw)

Tenebrae, Erstes Buch
Text: Hubert
Bilder: Vincent Mallié
80 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
18 Euro

ISBN: 978-3-96792-364-3

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