Der Augensammler (Splitter)

Dezember 22, 2021
Der Augensammler (Splitter Verlag)

Alexander Zorbach ist Polizeireporter. Und eine angehend gescheiterte Existenz. Als ehemaliger Polizist ist er bei den Ex-Kollegen weder beliebt noch angesehen. Sein Privatleben verläuft chaotisch: Gerade wurde die Ehe frisch geschieden. Seine Mutter liegt als Pflegefall im Krankenhaus und seinen Sohn versetzt er ein ums andere Mal, selbst an dessen Geburtstag. Der Grund ist der Fall des Augensammlers. Ein Serienkiller, der Kinder entführt und grausam tötet. Zorbach ist stets nah dran an den Verbrechen. Immer schnell am Tatort, immer schnell als Premium-Berichterstatter. Als nach einem weiteren Mord seine Geldbörse beim Opfer gefunden wird, wird er für die ruppigen Ex-Kollegen Scholle und Stoya zum Verdächtigen Nummer eins. Zorbach muss untertauchen. Doch in seinem Schlupfwinkel wird er bereits erwartet: Die blinde Alina, eine Physiotherapeutin, angeblich mit seherischen Fähigkeiten bedacht, scheint mehr über den Fall zu wissen, als ihm lieb ist…

Sebastian Fitzek ist seit Jahren Deutschlands beliebtester Thriller-Autor. Sein Augensammler erschien bereits 2010. Jetzt hat Frank Schmolke, der bei der Edition Moderne schon diverse Graphic Novels veröffentlichte, den Roman als Comic adaptiert. Eine spannende Sache, denn alles, was beim Roman der Fantasie des Lesers überlassen wird, entfällt. Bilder, die im Kopf entstehen, sind vorgegeben, vom Setting der Handlung bis zum Aussehen der Protagonisten. Die sind markant und auffällig angelegt. Zorbach, offiziell als Reporter unterwegs, wird immer tiefer in den Fall involviert, ob er will oder nicht. Als der Verdacht auf ihn fällt und er manchmal selbst an seiner Wahrnehmung zweifelt, schürt das auch erfolgreich Unsicherheit beim Leser. Alina, die ihre Behinderung scheinbar mühelos meistert, umgibt nicht nur wegen ihrer angeblichen Gabe eine mysteriöse Aura. Dann sorgt sie immer wieder mit ihrer direkten, schon schnoddrigen Art für Auflockerung. Und die beiden Ermittler Scholle und Stoya überschreiten regelmäßig moralische Grenzen.

Die Geschichte spielt in einem winterlichen Berlin. Es schneit, die Straßen sind matschig und dreckig. Meist ist es noch Nacht, oder finster, wie in verlassenen Räumen, die Kälte und Feuchtigkeit verströmen. Zwischen dieser gelungenen Noir-Atmosphäre wechselt Frank Schmolke immer wieder kurz die Perspektive – in kleinen filmischen Szenen fast ohne Worte teasert er das vermeintliche Schicksal der entführten Kinder. Und wir erfahren nach und nach mehr über den Serien-/Ritualmörder, wobei bis zum dramatisch und hochspannend inszenierten Finale dessen Identität erfolgreich verschleiert wird. Ein überaus gelungener Band, der zwar diverse Genre-Motive und Kollegen (von Filmen wie „Sieben“ bis zu den Romanen von Jussi Adler Olsen) zitiert, der aber dennoch mit einer eigenen Handschrift (und eigenen Bildern) den Leser den Leser erfolgreich aufs spannende Glatteis führt. Der Band, zu dem Sebastian Fitzek das Vorwort schrieb (Schmolke gönnt ihm zudem in der Geschichte ein Cameo), ist auch in einer auf 1.000 Exemplare limitierten Vorzugsausgabe (Cover rechts) erhältlich, die beim Verlag jedoch bereits vergriffen ist. Wer den Roman kennt, weiß, dass es eine Fortsetzung gibt. Wir können uns also auch hier sicher auf einen zweiten Teil freuen. (bw)

Der Augensammler
Text: Sebastian Fitzek, Frank Schmolke
Bilder: Frank Schmolke
200 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
35 Euro

ISBN: 978-3-96792-177-9

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