Creepshow (Splitter)

Juli 19, 2021
Stephen King's Creepshow (Splitter Verlag)

Wohligen Grusel kannten wir vormals eigentlich nur aus den bunten Gespenster-Geschichten (wahlweise auch Spuk-Geschichten), in denen im Grunde genommen eher harmlose Geister-Stories über verwunschene Schlösser und verfluchte Gemäuer stets mit dem geflügelten Wort „Seltsam, aber so steht es geschrieben“ endeten. In den Seiten der lieblos zusammengeschnippelten Williams-Superbände dagegen entdeckten wir dann eher harten Tobak, wo in einer schlicht „Horror“ betitelten Reihe allerlei Abseitigkeiten, handfester Terror und auch perfider schwarzer Humor dominierten. Dahinter verbargen sich deutsche Ausgaben der DC-Reihen „Witching Hour“ und „House Of Mystery“, die in Stil und Duktus in der Tradition der berüchtigten EC-Comics standen, mit denen Verleger William Gaines vor allem in den 50er Jahren Juwelen des Horror- und Science Fiction-Genres lieferte. In Reihen wie „Tales from the Crypt“, „Vault of Horror“ und „Weird Science“ kredenzten Top-Autoren und Zeichner wie etwa Wally Wood aufsehenerregende Themen wie Rache, Mord, Psychopathen und teilweise krassen Grusel, der gerne zeitgenössische Themen wie Rassismus und Selbstjustiz verpackte, wobei die Stories stets von einem ominösen „Crypt Master“ umrahmt wurden, der die Leser heimelig mit „fiends“ ansprach.

Kein Wunder also, dass die EC-Comics eine der zentralen Angriffspunkte waren, die Frederic Werthams als Studie ummäntelte reaktionäre Polemik „Seduction of the Innocent“ Mitte der 50er aufs Korn nahm und mit Vehemenz in den Orkus schleuderte. Was Wertham nicht ändern konnte, war der nachhaltige Eindruck und fast schon legendäre Ruf, den die EC-Comics bei der Generation genossen, die sie in den 50ern mit heißen Ohren verschlungen hatten. Zu eben jenen gehören Regisseur George A. Romero, der seit Ende der 60er mit seinen Living Dead-Filmen die US-Gesellschaft fein säuberlich sezierte, und Stephen King, der mit Romanen wie „Carrie“ oder „The Shining“ zum Starautor im Horror-Gerne aufgestiegen war. Nach einem veritablen kommerziellen Flop mit „Knightriders“ (der mittlerweile allerdings Kultstatus genießt), in dem Stephen King sein Leinwanddebüt gab, tat man sich Anfang der 80er erneut zusammen, um eine liebevolle Hommage an die seligen 50er-EC-Werke abzuliefern. Dabei steuerte King insgesamt fünf Stories bei, von denen zwei auf bereits veröffentlichten Geschichten beruhten.

Umfasst von einer Rahmenhandlung, in der ein Pimpf (gespielt von Stephen Kings Sohn, der mittlerweile unter dem Namen Joe Hill selbst als Schriftsteller für Aufsehen sorgt) von seinem Vater für den Genuss von Horror-Comics gemaßregelt wird (eine feine Parodie der Wertham-Polemik), entfaltet da eine düstere Gestalt namens „Creep“ jeweils eine kurze Einführung, die dann jeweils in die Geschichte mündet. Dabei legte Romero explizit auch optisch Gewicht auf die Comic-Herkunft des Stoffs, indem er Spezialeffekte-Meister Tom Savini engagierte, der stets ein animiertes Intro inszenierte, was dann in Live-Action-Szenen überging, die in entscheidenden Momenten zusätzliche Comic-Elemente (wie etwa expressiv rote Farbgebung für die Schreck- und Gewaltsequenzen oder auch Bildvignetten) enthielten. So führte der Creep durch den Reigen der Stories: in „Father’s Day“ rächt sich ein gemeuchelter Familientyrann aus dem Jenseits, „The Lonesome Death Of Jordy Verrill“ liefert mit einem von einer außerirdischen Lebensform übernommenen Hillbilly (gespielt von Stephen King) eine feine Variation von Lovecrafts „The Color From Space“, in „Something to tide over you“ nimmt ein gehörnter Ehemann grausame Vergeltung an Frau und Liebhaber, „The Crate“ erzählt – wie der Creep schon am Anfang ankündigt – was wirklich aus dem Ding aus einer anderen Welt wurde, und „They’re creeping up on you“ führt einen gewissenlosen Firmenlenker seiner gerechten Bestimmung in Form von Unmengen an Ungeziefer zu.

Mit expressiver Gestaltung, einer mehr als hochkarätigen Besetzung (neben Stephen King geben sich z.B. Leslie Nielsen, Ed Harris, Ted Danson, Adrienne Barbeau und Fritz Weaver die Ehre) und fiesen Seitenhieben auf die US-Gesellschaft in ihrer Egozentrik, Medien-Besessenheit (der Mörder in „Somethin to tide over you“ bannt alles auf Video) und Rückständigkeit (Verrill, bei dem im Fernsehen reagansche Anti-Rot-Propaganda läuft, lässt sich lieber mit Moos überwachsen als Hilfe beim Arzt zu suchen – kennen wir ganz aktuell wieder irgendwoher, oder?) und Gier avancierte der Film zum achtbaren Hit, dem man gleich zum Erscheinen 1982 ganz folgerichtigerweise nicht das allseits beliebte Buch zum Film, sondern eine Comic-Fassung zur Seite stellte. Altmeister Bernie Wrightson, seinerzeit Heavy Metal-Magazin-Star, inszenierte dort als kongenialer 50er-Jahre-Schüler die fünf Episoden in durchgängig gruseligem Duktus, wobei die Rahmenhandlung des Films entfiel, der Creep aber immer noch wie in seligen EC-Comics jeweils zu den Geschichten einlud (die Leser dabei aber als „Kinder“ ansprach). Offenkundig als Ergänzung zur erfolgreichen Gespenster-Geschichten-Reihe brachte der Bastei-Lübbe-Verlag die Sause 1989 schon einmal hierzulande in einer Ausgabe unter die Leser, die mittlerweile nur noch als Sammlerexemplar zu finden ist. Umso lobenswerter also, dass man uns bei Splitter ein schön aufgemachtes, großformatiges Hardcover spendiert, das mit einem kenntnisreichen Essay von Sven Jachmann sowie diversen Szenenfotos aufwartet. Wir sagen: Creeps! (hb)

Creepshow
Text: Stephen King, George A. Romero
Bilder: Bernie Wrightson
72 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
19,80 Euro

ISBN: 978-3-96792-049-9

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