Verrät das Cover zu viel? Haben sich Raphael und Marie nun endlich gefunden? Sind sie nun tatsächlich ein Paar, wie das entspannte Motiv suggeriert? Der Reihe nach: Am Ende von Band 3 eilte Marie zurück Richtung Frankreich, als sie vom Tod ihrer Mutter erfuhr. Nur kurz, fast flüchtig und mit einem tragischen Touch versehen war daher die Begegnung mit Raphael, der Marie ja bekanntlich einlud, um in Rom mit Freunden seinen 50. Geburtstag zu feiern und der damit das Versprechen, das er und Marie sich zehn Jahre zuvor gaben, etwas großzügig auslegte. Band 4 setzt nun nahtlos an dem Vorgänger an: Marie hat ein Problem: bedingt durch einen Streik ist der Flugverkehr lahmgelegt. Sie kommt nicht weg und wendet sich daher an Alexandre (kennen wir aus Band 1), der in Rom lebt. Einem Impuls folgend fährt Raphael zum Flughafen und kann dort Marie tatsächlich aufspüren, die ihn aber barsch abweist. Aber der lässt nicht locker und steigt frech in das Auto Alexandres, als der Marie abholt…
Im abschließenden (?) Band der Reihe verschiebt sich der Fokus. Stand in Teil 3 noch Raphael im Mittelpunkt, samt seiner feucht-fröhlichen und letztendlich dennoch deprimierenden Geburtstagsfeier, betritt nun Alexandre die Bühne – als vermeintlicher Retter in der Not? Raphael droht die zweite Geige zu spielen, doch nun, da er endlich bei Marie ist, wenngleich auch unter denkbar schlechten Umständen, lässt er sich von ihr nicht wieder abschütteln. Die will eigentlich nur nach Hause, zur Beisetzung ihrer Mutter und muss in dieser widrigen Situation dennoch entdecken, dass Raphael ihr Halt zu geben scheint. So entwickelt sich ein kleines Katz-und-Maus-Spiel, bestehend aus Annährungen und Abweisungen, dezent, tragisch und wie immer gefühlvoll von Jim inszeniert. Schon lange geht es nicht mehr um das Versprechen einer romantischen Nacht in Rom, das sich beide erneut von zehn Jahren gaben, ein Versprechen, das zugunsten der Unwägbarkeiten des Lebens längst in den Hintergrund getreten ist.
Und Raphael, gerade wie Marie 50 geworden, meint es jetzt ernst, er will seine letzte Chance mit Marie nutzen, auf der Suche nach dem späten Glück und aller Hindernisse und Widrigkeiten zum Trotz. Mit Marie, die er lange Jahre regelrecht mystisch verehrte und die durch Einblicke in ihr Leben und durch den Schicksalsschlag auch beim Leser in der Realität angekommen und dadurch ein Stück weit entzaubert ist. Was wiederum den Weg zu einer „normalen“ Beziehung freimachen könnte. Gut acht Jahre nach Band 1 bringt Jim (d.i. Thierry Terrasson) seine Geschichte um die beiden, die zwanzig, bzw. zehn Jahre lang lediglich durch ein Versprechen miteinander verbunden waren, ein zweites Mal zu ende. Wieder ist der Band gleichermaßen romantisch, tragisch, komisch und intelligent ohne Längen erzählt. Und kriegen sich die beiden jetzt? Hat Jim Mitleid mit seinen Lesern und seinen Protagonisten und kredenzt ein glückliches Ende? Das wird nicht verraten. Nur so viel: Am Schluss sorgt Jim noch einmal für eine handfeste Überraschung und lässt damit sich und der Story abermals ein kleines Hintertürchen offen. Ansonsten gilt: Ende gut, alles gut. (bw)
Eine Nacht in Rom, Viertes Buch
Text & Bilder: Jim
120 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
19,80 Euro
ISBN: 978-3-96219-231-0