Winter 1709, Band 2 (Splitter)

Mai 4, 2017

Klirrend kalt ist es immer noch im Winter 1709 in Frankreich. Das Land ächzt unter dem Dauerfrost, die Flüsse sind gefroren und schneiden die Städte von der Versorgung ab. Die Lebensmittel für Bevölkerung und Armee gehen langsam aber sicher zur Neige – und König Ludwig XIV. steckt mitten in den spanischen Erbfolgekriegen. Immer wertvoller wird da die Schiffsladung Weizen, die der Freibeuter Teguise an den Meistbietenden verscherbeln will. Der Abenteurer Loys Rohan, der von den Ministern des Königs mit diesem Deal beauftragt wurde, hat indes seine liebe Not: sein Kompagnon Guillaume, der den Kontakt zu Teguise herstellen sollte, wurde ermordet, seine Satteltaschen mit den zur Übergabe notwendigen Papieren sind gestohlen.

Die Verschwörer um den finsteren, mysteriösen Valescure, die der Dokumente habhaft werden, erfahren vom Holländer Ravel, welches Geheimnis sich hinter der kostbaren Ladung verbirgt, und setzen alles daran, Rohan zuvorzukommen. Rohan eilt indessen gemeinsam mit der holden Oriane, Gräfin von Cherboise, in Richtung Küste, vorbei an notleidenden Dörfchen, in denen man Station macht, um der Kälte zumindest kurzzeitig zu entgehen. Während einer solchen Rast kommt es zur Konfrontation: Valescure und seine Horden überfallen das Dorf, ermorden Oriane und treiben Rohan zum Äußersten – er bietet den Halunken einen Kuhhandel an, um seine Haut zu retten. Oder führt er nicht doch etwas ganz anderes im Schilde…?

Frankreich, ein Wintermärchen? Kaum. Eher ein schneeweißer, historisch verbürgter Alptraum ist es, den Autorin Nathalie Sergeef hier nochmals vor uns ausbreitet. Der geschichtliche Kontext steht dabei allerdings noch mehr als Band 1 (wo zumindest noch die Erbfolgekriege als Auslöser der Konflikte dienen) im Hintergrund, König Ludwig XIV. beehrt das Geschehen nur mit einem Kurzauftritt, in dem er als durchaus menschlich und ums Untertanenwohl besorgt erscheint. In erster Linie bietet die Jagd nach dem Weizenschatz eine atemlose Verfolgung, die im Western-, Kriminal- oder Piratengewand ebenso gut funktionieren würde. Rohan und Valescure hetzen einander gleichermaßen gnadenlos, Valescure und seine Spießgesellen (allen voran eine Dame namens „Die Lange“) wiegeln dabei das Volk auf und schrecken vor keiner Grausamkeit zurück, wobei auch Rohan nicht gerade zimperlich vorgeht.

Eigentlicher Protagonist der Ereignisse aber ist und bleibt die Natur: die nimmt alles und jeden in ihren Würgegriff und bestimmt letztlich das Handeln (Rohans Tross muss stoppen, um der Kälte zu entgehen, der Weizen ist nur aufgrund des Frosts wertvoller als Gold). Wie in jedem anständigen Abenteuerfilm avancieren die Schauplätze folgerichtigerweise erneut zu symbolischen Motiven: Philippe Xavier (u.a. Conquistador) inszeniert die Eislandschaften atmosphärisch-stimmig in durchgängigem, schaurig-schönen Weiß, während die Innenszenen von rotem Feuerglühen bestimmt sind. Die verfallenen Dörfer erinnern an die Grenznester, die Clint Eastwood und seine Freunde in sämtlichen Italo-Western durchstreifen – somit erleben wir erneut eine schwungvolle Mantel- und Degen-Variation auf die Blueberry-Epen eines Giraud. Eben nur im Winter. Flott, spannend, gewalttätig und fulminant schön aufs Papier gebracht. Und am Ende kommt dann tatsächlich der Frühling. (hb)

Winter 1709, Band 2
Text: Nathalie Sergeef, Philippe Xavier
Bilder: Philippe Xavier
56 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro

ISBN: 978-3-95839-331-8

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