Circumpolar 3 Continental. Oder kurz C3C – das ist der Name der gigantischen, weltumspannenden Autobahn, deren Hauptroute quer durch Asien, Europa und Nordamerika führt. Auf ihr besorgen riesige Trucks den weltweiten Güterverkehr. Denn aufgrund drastischer Klimaveränderungen (Stichworte Ozonloch, Hautkrebs und Eiszeit) sind Flugzeuge verboten (ob das jetzt logisch ist, sei mal dahingestellt). Und gefährlich ist es obendrein, aufgrund der globalen, politisch instabilen Lage. Einer der Verrückten, die ihr Brot als Trucker auf der C3C verdienen, ist der Heißsporn Tsagoi, der von allen nur Gipsy genannt wird. Ein unabhängiger Fahrer, der sein eigener Herr ist.
Ganz unvermittelt trifft er seine kleine Schwester Oblivia wieder, für die er bisher einen Internatsplatz in der Schweiz finanziert hatte. Jetzt hat er sie, das kleine schlaue Mädchen, an der Backe, ob er will oder nicht. Sie stellt den quasi intellektuellen Gegenpol zum Draufgänger Gipsy dar, der impulsiv erst handelt und dann überlegt. Ihr erster gemeinsamer Auftrag führt sie nach Rußland auf eine Fahrt über das nördliche Eismeer (ja, auch hier sei mal dahingestellt, ob das logisch ist). Sie treffen auf wilde Mongolen, Mammuts (wie gesagt…) und Gipsys verführerische Konkurrentin ‚Hexe‘. Schließlich erreichen sie den umkämpften C3C-Knotenpunkt Zigansk in Sibirien. Fortsetzung folgt, Band 3 erscheint im Mai.
Heute ist Marini durch seinen äußerst eleganten Stil bekannt – und durch seine schönen Frauenfiguren (Platz 2 nach Manara). Letztere sind schon bei den ersten beiden Gipsy Bänden unverkennbar. Und so hat er dann auch die schöne Zigeuner-Truckerin Hexe als Famme Fatale konsequenterweise für seine Mantel und Degen Serie ‚Der Skorpion‘ als Giftmischerin Mejai in fast gleicher Rolle und gleichem Aussehen recyclelt.
Ansonsten ist er bei den ersten Gipsy Alben noch auf der Suche nach seinem (heutigen) Stil. Interessanterweise erinnern die unbekümmerten und geradlinig inszenierten Action Sequenzen in ihrem Aufbau an Otomos Manga-Epos Akira, auch die runden Gesichter und weiten Augen unterstützen diesen Eindruck.
Die Reihe, die Marini von 1993 bis 2002 in sechs Bänden zeichnete (es war seine zweite Serie) erfährt mittlerweile den dritten Aufguss: Nach Feest (dort ging‘s nur bis Band 4) und Carlsen bringt der Splitter Verlag nun gewohnt hochwertige Hardcover-Alben. Einige Skizzenseiten, sowie ein fiktiver Bericht Oblivias (der im Rückblick einige Zusatz-Infos liefert, aber nicht wirklich wichtig ist) runden jeden Band ab. Wer auf unbekümmerte SF-Action mit viel Abenteuer und einer Prise Erotik steht, wird hier bestens unterhalten. (bw)
Text: Thierry Smolderen
Bilder: Enrico Marini
72/66 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
14,80 Euro (Band 1); 13,80 Euro (Band 2)
ISBN 978-3-86869-305-8 (Band 1: Der Stern des Zigeuners)
ISBN 978-3-86869-306-5 (Band 2: Sibirische Feuer)