Casey Ruggles, Band 1 (Bocola)

Januar 7, 2016

Casey Ruggles, Band 1 (Bocola)

Goldgräberstimmung in Kalifornien! Seit der Präsident im Jahr 1849 die Berichte über Goldfunde bestätigt, bereiten sich tausende Glücksritter auf den langen Treck vor, der auf über 2000 Meilen Gefahren für Leib und Leben birgt. Um die Reise zu überleben, braucht man einen erfahrenen Anführer, und wer wäre dafür besser geeignet als Casey Ruggles, der im Krieg mit den Mexikanern als Offizier gedient hat und die Gegend somit wie seine Westentasche kennt. In Boston lässt er sich von dem Schweizer Hans Hassenfeffer und seiner Tochter Chris als Anführer anheuern, um eine bunte Horde von Abenteurern sicher durch Gebirge, Wüste, die Sierra bis hin nach Kalifornien zu führen. Aber schon vor dem Aufbruch gibt es Ärger: Caseys alter Feind Bolt riecht Lunte und bringt Ruggles eine schwere Verletzung bei, die er bei der mysteriösen Lilli Fontaine auskuriert. Die kocht ihr ganz eigenes Süppchen und folgt aus höchst individuellen Beweggründen ebenfalls der Wagenkolonne, als diese sich endlich in Bewegung setzt.

Nach handgreiflichen Auseinandersetzungen mit Banditen und kleineren Reisemisslichkeiten (so etwa explodiert die Lokomotive des Zuges, mit dem die Mannschaft unterwegs ist) rettet Ruggles in St. Louis einen kleinen Indianerjungen, dessen Eltern von schießwütigen Weißen umgebracht werden, worauf sich der Waisenknabe mit Namen Kit Fox ebenfalls seiner Expedition anschließt. In den Weiten der Prärie, im Territorium der Osagen-Indianer, beginnen dann die wirklichen Gefahren: nachdem der Trupp Bolts, der sich an die Fersen von Ruggles geheftet hat, ein Indianerdorf überfällt, machen die Ureinwohner Jagd auf alle Weißen, die ihre Region gerade durchziehen. Vor dem Hintergrund dieser Bedrohung macht Lilli mit Casey gemeinsame Sache, gemeinsam verschanzen sich die Gehetzten in einem verlassenen Außenposten, während Bolt – von seinen ehemaligen Kumpanen vertrieben – zu den Indianern überläuft und den Angriff auf die Weißen leitet. Aber Casey entkommt natürlich auch aus dieser Bredouille und führt sein Schärflein weiter, durch Wind, Wetter, Büffelstampeden, Galgenstricken wie der Grifty-Bande, vorbei an Fort Laramie bis hin zu den großen Salzwüsten und der High Sierra, wo es dann zur Katastrophe kommt: im harschen Wintereinbruch grassiert die Cholera, der auch Lilli zum Opfer fällt…

Der umtriebige Bocola-Verlag, Spezialist für Erst- oder Neuausgaben vorwiegend historischer Comics und Romane, poliert nach ‚Lance‘ mit der Serie um den Pionier Casey Ruggles ein weiteres Juwel des Westerncomics aus der Feder von Warren Tufts auf – und das in der gewohnt hochwertigen, liebevollen Aufmachung. Die Abenteuer von Casey Ruggles erschienen ab dem 22. Mai 1949 zunächst in farbigen „half-page“-Format in den Sonntagszeitungen, was Tufts aufgrund des großen Erfolges dann ab 19. September 1949 noch um einen täglichen, kürzeren Strip in schwarz/weiß ergänzte. Die Handlung der langlebigen Serie, die bis 1954 von Tufts geschrieben und gezeichnet wurde, entfaltete sich dabei wie im Zeitungsstrip üblich fortlaufend und endete pro Episode in einem kleinen oder auch größeren Cliffhanger, wie das Publikum dies aus den Serials der 30er Jahre ja bestens kannte (Caseys Überleben im brennenden Außenposten z.B. erinnert stark an eine ähnliche Episode aus dem Serial ‚Zorro Rides Again‘ von 1937).

Die Grundidee des Trecks quer durch Amerika von Boston nach Kalifornien eröffnete dabei ein schier unerschöpfliches Reservoir für Verwicklungen und Gefahren – von Naturgewalten über Krankheiten bis hin zu Überfällen durch wilde Tiere, Gangster und Indianer durfte sich Casey mit allem herumschlagen, was das Herz begehrt – wobei Tufts im Gegenteil zu seiner späteren Serie ‚Lance‘, wo der Krieg gegen Mexiko breiten Raum einnimmt, die politische Großwetterlage weitgehend ausspart. An diese Stelle tritt allerdings eine nur noch erstaunlich zu nennende Detailgenauigkeit: Waffen (einzelne Colt-Modelle), Landschaften (Fort Laramie, Court House Rock, die Sierras), Gefährte und Kleidung erscheinen aufs Akribischste historisch exakt gezeichnet, so dass die explosiven Erlebnisse immer in einen historischen Kontext eingebettet sind. Dafür sorgen auch die wiederholte Erwähnung historisch verbürgter Ereignisse wie etwa des Schicksals der Donner-Expedition, die in den Sierras vom Schnee eingeschlossen ihre eigenen Toten verspeisen musste.

Casey selbst erscheint dabei wie eine Mischung aus Prinz Eisenherz, Errol Flynn und John Wayne, zwar idealistisch und heldenhaft, aber keinesfalls nur strahlender Gutmensch: er braust gerne auf, kommandiert kompromisslos und zeigt sich sowohl an der braven, blonden Chris und der schwarzhaarigen femme fatale Lilli (zwei symbolische Frauenfiguren, die fast schon ein Versatzstück der Abenteuerliteratur sind) interessiert. Die ausladenden Landschaftsdarstellungen, dynamischen Körperstudien (teilweise im Stile eines Alex Raymond in ‚Flash Gordon‘) und rasanten Verfolgungsjagden sind insbesondere auf den farbigen Sonntagsseiten enorm aufwendig gestaltet, während die Tages-Strips aufgrund der geringen Arbeitszeit naturgemäß einfacher gehalten sind. An der vorliegenden Ausgabe gefällt vor allem die werkgetreue, fein restaurierte Reproduktion der Half-Pages und der Dailies, die chronologisch sortiert ein atemloses Lesevergnügen bieten, dem wir hoffentlich noch lange folgen dürfen: Band 1 endet mit der Sonntagsseite vom 08.01.1950, womit noch viele Abenteuer von Casey auf uns warten. (hb)

Casey Ruggles, Band 1: Aufbruch (1949-1950)
Text & Bilder: Warren Tufts
80 Seiten in Farbe und schwarz-weiß, Hardcover, Querformat
Bocola Verlag
19,80 Euro

ISBN: 978-3-939625-81-0

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