
Direkt vor Scotland Yard in London taucht wie aus dem Nichts ein Flugzeug ohne Kennzeichen auf und wirft Flugblätter ab. Darin droht die bisher unbekannte F.C.G., die „Free Cornwall Group“, mit Anschlägen, sollte die Regierung nicht aufhören, ausländische Gastarbeiter für die Arbeit in Cornwalls Zinnbergwerken anzuwerben. Captain Blake wird beauftragt, die F.C.G. unschädlich zu machen und vor Ort für Sicherheit zu sorgen, zumal in wenigen Tagen der junge Herzog von Cornwall (nämlich Prinz Charles) dort eine Kaserne einweihen soll.
Dennoch passiert ein erster Anschlag, bei dem niemand zu Schaden kommt. Die Situation spitzt sich zu, weitere Anschläge werden angekündigt. Und vor Ort in Cornwall wird zufällig eine uralte Truhe entdeckt, die einen möglicherweise brisanten Inhalt birgt. Dann mischt neben Blake auch noch Professor Mortimer mit, den es quasi geschäftlich nach Cornwall verschlägt. Und natürlich deren gemeinsamer Erzfeind Colonel Olrik, der ja eigentlich im Gefängnis sitzt…
Wo anfangen? Zuerst, das gebührt der Respekt, mit dem Zeichner. Denn der Band ist das letzte Werk aus der Feder des großen André Juillard, der voriges Jahr im Alter von 76 Jahren verstarb. Juillard, der vielfach ausgezeichnet wurde, erlangte Berühmtheit durch das Historien-Epos „Die 7 Leben des Falken“, geschrieben von Patrick Cothias. Seit dem Jahr 2000 (mit „Die Voronov-Intrige“) gehört er zu den Teams, die „Blake und Mortimer“, den Ligne Claire Klassiker von Edgar P. Jacobs, fortsetzen. Dies ist sein achtes Album (dazu kommt der Sonderband „Das letzte Kapitel“ mit Autor Didier Convard) und leider sein letztes, alle geschrieben von Yves Sente (u.a. „Thorgal“, „XIII“).
Der packt so einiges in die Story, deren Hauptschauplatz Cornwall ist, eine uralte Kulturlandschaft im Südwesten Englands mit eigener Identität, perfekt und detailliert eingefangen von Juillard (die Bergwerksgebäude, die Menhire). Man zählt sich zu den sechs Celtic Nations und spricht neben Englisch auch Kornisch. Sente benutzt diese „Eigenheiten“, um mit dem Thema Migration und Fremdenhass die Story auszulösen und gleichzeitig einen aktuellen Bezug zum Heute zu schaffen, was etwas aufgesetzt wirkt.

Dazu gesellt sich die stets gern genommene Artuslegende: Tintagel, jene exponiert am Meer liegende Burgruine, die ja immerhin der Geburtsort von König Arthur sein soll, spielt hier eine wichtige Rolle. Und Olrik, der immerwährende Gegenspieler von Blake und Mortimer „rutscht“ geschickt inszeniert in die Story hinein, wobei sein anfangs ungewohnter Part darin immer wichtiger wird. Der Hauch Science Fiction, der mit dem futuristischen Bohrgerät Mortimers Einzug hält, rundet dann das Geschehen ab.
Somit ein typischer „Blake und Mortimer“, ganz traditionell mit viel Text versehen, mit einem Grande Finale, bei dem sich die Ereignisse – vielleicht etwas zu dick aufgetragen – überschlagen. Sorgfältig, mit der gewohnten Akribie von Juillard gestaltet, der sich auch bei den „historischen“ Rückblenden sichtlich wohl fühlt. Der Band erscheint leider nur als Softcover-Version, nicht mehr, wie bei vorherigen „Blake und Mortimer“ Bänden Juillards, bei Salleck Publications als limitierte Hardcover-Variante. Was schade ist. (bw)
Die Abenteuer von Blake und Mortimer, Band 27: Gezeichnet: Olrik
Text & Story: Yves Sente
Bilder: André Juillard, Madeleine Demille (Farben)
64 Seiten in Farbe, Softcover
Carlsen Verlag
12 Euro
ISBN: 978-3-551-80584-3