Zeiten ändern sich, auch bei den Teen Titans: Donna bereitet sich auf ihre Hochzeit vor, Dick Grayson hat als Robin und Titan abgedankt, und Cyborg erwartet den Besuch seiner Großeltern. Alles könnte also wunderbar in geordneten Bahnen laufen, wäre da nicht Tara Markov, die in ihrer Superheldinnen-Inkarnation als Terra bei den Titans mitmischt – und dabei als Spionin für den „Terminator“ Slade Wilson fungiert. Der will immer noch die Titans an die Verbrecherorganisation Hive ausliefern, um seinen verstorbenen Sohn zu rächen und nebenbei auch das Blutgeld für diesen Kontrakt zu kassieren. Dabei geht er keineswegs zimperlich vor: mit den von Tara gelieferten Informationen kann er den Titans jeweils zu Hause auflauern, wobei im Dick Grayson nur mühsam entkommt.
Wie Dick feststellen muss, hatten seine ehemaligen Kampfgefährten weniger Glück: Donna, Cyborg, Starfire, Changeling und auch Raven wurden allesamt vom Terminator und Tara entführt und an Hive ausgeliefert. Im Titans Tower tritt ihm da Hilfe in gänzlich unerwarteter Form entgegen: Slade Wilsons ex-Frau Adeline sucht ihn gemeinsam mit ihrem Sohn Joseph Green auf und berichtet, wie der Soldat Slade Wilson durch Militärexperimente zum übermächtigen Terminator wurde, der in Vietnam gegen die Befehle seiner Vorgesetzten seinen alten Kampfgefährten Wintergreen rettete, sich aber bei einem schiefgegangenen Söldner-Einsatz dagegen entschied, seinen Sohn Joseph zu retten, um keine Schwäche zu zeigen. Joseph überlebte, blieb aufgrund einer Verletzung fortan stumm und bekam vom Blut des Herrn Vater genug Medikamente ab, um als Mutant die Körper seiner Feinde übernehmen zu können.
In dieser brenzligen Gemengelage ist die Zeit für Dick reif, wieder ins Geschehen einzugreifen – und zwar in seiner neuen Persona Nightwing, der sich gemeinsam mit Joseph in seiner Mutantengestalt Jericho in Richtung Hive-Stützpunkt in den Rocky Mountains aufmacht. Dort halten die Terroristen alle gefangenen Titans in einer Schurkenmaschine namens Enervator gefangen, die langsam ihre Kräfte absaugt. Nightwing und Jericho dringen zwar erfolgreich in den Stützpunkt ein, aber Tara attackiert die beiden, die flugs ihrerseits im „Rad der Macht“ landen. Dort allerdings erkennt Slade Wilson seinen Sohn und kommt ins Grübeln, ob er hier nicht doch einiges gutzumachen hat – während Tara vollends der Verstand und schließlich auch das Leben verliert.
Zurück daheim reicht die Hand von Hive aber immer noch bis in den Teen Titans Tower: dort findet man Aqualad und Tula halbtot und kann sie nur durch eine intensive Wasserbehandlung retten. Die beiden berichten, dass ihre Heimat Atlantis durch eine massive Explosion zerstört worden sei, die durch eine Armada schwimmender Agenten ausgelöst wurde: Hive lässt nicht locker, und so ziehen die Titans per U-Boot in die finale Auseinandersetzung mit den organisierten Lumpensöhnen…
In der seinerzeit vielbeachteten Storyline „Der Judas-Kontrakt“ (im Original erschienen in Tales of the Teen Titans 42-44 und dem dritten Annual von 1984) übergab Dick Grayson den Staffelstab endgültig an einen gewissen Jason Todd und hatte damit freie Bahn für seine eigene Karriere, die ihn als Nightwing schließlich nach Blüdhaven führen sollte. Bei der Namensgebung ließ man sich von den Superman-Stories um die Flaschenstadt Kandor inspirieren, wo Superman und Jimmy Olsen in Geheimidentitäten als „Nachtschwinge und Flammvogel“ gerne mal für Ordnung sorgten, was wir in den seligen Bastei-Ausgaben in den Zweitgeschichten von „Roter Blitz“ stets gerne verfolgten.
Damit gelang den Schöpfern George Pérez und Marv Wolfman endgültig der Kunstgriff, die beiden verbliebenen Charaktere aus der erfolglosen ersten Inkarnation der Titans zu ersetzen: Wally West alias Kid Flash nahm seinen Hut, und Dick Grayson gab die kurzen Hosen des Robin einfach an Jason Todd weiter. Ersetzt wurde Kid Flash durch den von Pérez eigens geschaffenen Jericho, einer (wie Pérez selbst erklärte) echten „Zeichner“-Figur, die weder Dialog noch Gedankenblasen hatte – sofern er sich nicht gerade im Körper eines Kontrahenten befand. Ansonsten zeigen sich die Stories wieder aufgeladen mit jeder Menge Psychologie und zwischenmenschlichen Konflikten, wobei vor allem die Backstory des späteren Deathstroke Slade Wilson Tragik und menschliche Abgründe verbindet. In Taras permanenter Forderung, Menschen mit Superkräften sollten sich doch dem niederen Rest überlegen fühlen, der sie fürchten müsse, schwingt natürlich Magnetos Credo der Bruderschaft der Mutanten mit, der eben dieses Selbstverständnis dem Gutmenschentum eines Professor Xavier entgegenstellt.
Auch die sektenhafte Gestaltung von Hive (ein flottes Akronym aus „Hierarchie für internationale Vergeltung und Eliminierung“ – Spectre lässt grüßen!) greift ein Thema auf, dass Mitte der 80er immer noch für Furore sorgte und als gesellschaftliche Bedrohung wahrgenommen wurde. Somit erneut ein schmissiges Kompendium, das die Storylines um Tara und auch Hive zu Ende bringt und mit den „Recombatants“ (aus Tales of the Teen Titans 48 vom November 1984) gleich eine weitere Heldentruppe an den Start bringt. Der nächste Sammelband unter dem Titel „Schicksalhafte Entscheidungen“ schon in den Regalen. Wie gewohnt ist auch von diesem siebten Band der Reihe eine auf 222 Exemplare limitierte HC-Fassung erhältlich. (hb)
Teen Titans von George Pérez, Band 7: Der Judas-Kontrakt
Text: Marv Wolfman
Bilder: George Pérez, Steve Rude
228 Seiten in Farbe, Softcover
Panini Comics
29 Euro
ISBN: 978-3-7416-3136-8