Remina (Carlsen)

August 24, 2023
Remina, von Junji Ito (Carlsen Verlag)

Weltuntergang! Und Remina ist schuld! Aber (wie) kann das sein? Irgendwann in vielleicht nicht allzu ferner Zukunft kann der Wissenschaftler Oguro die Existenz eines Wurmlochs nachweisen. Jahre später „schlüpft“ durch dieses Wurmloch ein ganzer Planet, der demnach aus einer anderen Dimension oder aus einem fremden Universum stammt. Eine Sensation! Oguro tauft den neuen Planeten nach seiner Tochter Remina, was der jungen introvertierten und schüchternen Dame so gar nicht recht ist. Denn schnell wird das Mädchen zu einem medialen Phänomen. Fanclubs bilden sich, sie erhält einen Manager, wird gesponsert, das Fernsehen und die Presse reißen sich um sie. Was Remina nur widerwillig akzeptiert und über sich ergehen lässt.

Dann wird klar: der Planet, der nun ihren Namen trägt und der anfangs 16 Lichtjahre entfernt war, nähert sich rasend schnell dem Sonnensystem und damit der Erde. Und auf seinem Weg „verschlingt“ er ganz Galactus-like alle Planeten, die in seiner Bahn sind: Pluto, Uranus, sogar den Saturn. Schließlich steht er über der Erde und die Stimmung Remina gegenüber schlägt blitzartig in das Gegenteil um: Man macht sie und ihren Vater verantwortlich für das drohende Armageddon. Mehr noch: Nur durch ihren Tod kann die finale Katastrophe angeblich abgewehrt werden…

Nicht kleckern sondern klotzen, scheint das Motto des Horror-Spezialisten Junji Ito bei diesem Band gewesen zu sein. Denn die unbarmherzige Hexenjagd, die über den einstmaligen Medienliebling Remina hereinbricht, ist nur der Anfang. Die Story eskaliert danach schnell und gewaltig. Während ihre fanatischen Häscher ihr und ihrem Vater nach dem Leben trachten, in der völlig aus der Luft gegriffenen Annahme, dadurch die Welt zu retten, geht ebendiese monumental vor die Hunde.

Und Remina, deren „Freunde“ nach und nach ihre hässlichen Fratzen aus Neid und fanatischer Liebe enthüllen, wird zum Spielball, fast immer passiv – bis ein namenloser Landstreicher als einzige, nicht verdorbene und positive Figur in der Story, ihr hilft. Parallel dazu verfolgen wir das Geschehen um die Reichen und Mächtigen, die vermeintliche Elite, die überleben will und die ihr Heil und ihre Rettung ausgerechnet auf dem neuen Planeten sucht, der die Erde gerade „angreift“ – ganz wie im SF-Klassiker „Der jüngste Tag“ von 1951 („When Worlds Collide“ von Rudolph Maté).

Die Darstellung und das Wesen des Planeten Remina ist dabei typisch Ito. Keine monumentalen Zusammenstöße mit der Erde werden gezeigt, vielmehr verleiht Ito dem Planeten etwas Lebendiges – Body-Horror mit Himmelskörper – wogegen Ego, der lebende Planet bei Marvel reinster Kindergeburtstag ist. In der zweiten Hälfte kommen noch weitere phantastische Elemente, diesmal aus dem Superhelden-Genre, dazu – auch diese atemlos und völlig übertrieben wie abgedreht inszeniert, sowohl inhaltlich als auch visuell. Dann präsentiert Ito noch zwei Storytwists und dann ist Schluss. Und wir können endlich wieder aufatmen. (bw)

Remina
Text & Bilder: Junji Ito
256 Seiten in Schwarz-Weiß, Hardcover, Taschenbuch
Carlsen Verlag
18 Euro

ISBN: 978-3-551-71488-6

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