Rostige Herzen, Band 1 (Carlsen)

August 3, 2023
Rostige Herzen, Band 1: Debry, Cyrano und ich (Carlsen Comics)

Isea ist ein „ein kompliziertes Kind“, wenn man ihrer gefühlskalten Mutter Glauben schenken mag. Zumindest scheint sie verträumt zu sein und hat nicht viele Freunde, erst recht nicht in der Schule. So nimmt es nicht Wunder, dass sie ihre beste Freundin Tal nur online kennt. Neben Tal liebt Isea ihr Roboter-Kindermädchen Debry wie eine Mutter und Debry kümmert sich wiederum rührend um die Kleine – und ist damit der „echten“ Mutter ein Dorn im Auge. Eines Morgens ist Debry verschwunden – entlassen, wie die Mutter eiskalt bemerkt. Isea sei jetzt alt genug. Doch das Mädchen lässt diesen Schlag nicht auf sich sitzen. Sie büxt aus, um Debry zu suchen. Unerwartete (und anfangs unwillkommene) Unterstützung erhält sie dabei von Tilio, einem Klassenkameraden, der gleich für eine faustdicke Überraschung sorgt. Und dann ist da noch ein Roboterspürhund der Polizei, der sich unerbittlich und effizient dem Kinder-Duo an die Fersen heftet…

Die Geschichte spielt etwa in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts im Süden der USA. Jedoch ist hier ganz offensichtlich einiges anders. Man fliegt zwar noch mit klapprigen Doppeldeckern, entwickelt jedoch hochtechnisierte Roboter, die für die Menschen als Arbeitssklaven niedere Arbeiten erledigen: Roboter sind Kutscher, Diener, Gärtner, Baumwollpflücker oder eben Kindermädchen. In dieser retrofuturistischen Welt wird Isea von Debry großgezogen, die gleichzeitig eine Ersatzmutter für das Mädchen ist. Ihre leibliche Mutter kümmert sich kaum um das Kind und lässt jegliche Liebe und Zuneigung vermissen (was auch einen Grund hat). Natürlich begibt sich deshalb Isea auf die Suche nach Debry. Eine Suche, die sich bald zu einer nervenaufreibenden Reise zu einem geheimen wie paradiesischen Ort entwickelt, an dem Roboter und Menschen angeblich gleichberechtigt und in Frieden leben sollen.

Der Auftakt der neuen Reihe des ehemaligen Spirou Zeichners Jose Luis Munuera, die dieser zusammen mit dem Autorengespann BéKa bestreitet (bestehend aus Bertrand Escaich und Caroline Roque, die mit „Rummelsdorf“ ebenfalls Erfahrung mit dem Spirou-Kosmos haben), ist eine Parabel auf Sklaverei und Rassismus, mit vertauschten Rollen, nämlich Robotern anstelle von Schwarzen. So wird ein Massaker in der Stadt Tusla erwähnt und gezeigt – entsprechend den Rassenunruhen von Tulsa in Oklahoma, wo 1921 an die 300 Afroamerikaner ermordet wurden. Die Blechkameraden und –kameradinnen treten mit Herz und beherzt auf – ihnen gegenüber stehen die den Robotern gegenüber gleichgültigen Menschen, wobei mit Iseas namenloser Mutter ein besonders gefühlskaltes, ja eisiges Exemplar unsere Spezies verkörpert. Am Ende wird es dramatisch, die Ereignisse überschlagen sich und das vielleicht etwas zu sehr.

Der Band – das kann getrost verraten werden – ist abgeschlossen. Bei Dupuis ist gerade ein zweiter Teil erschienen mit einer komplett neuen Story und neuen Personen, die jedoch selben „Universum“ spielt. Der Zeichenstil ist typisch Munuera, wie wir ihn von seinen anderen Serien kennen: modern, die Gesichter im Stil eines Semi-Funnys; dynamische Zeichnungen mit vielen Details, wo diese notwendig sind. Hervorheben muss man die passende wie gediegene Farbgebung von Kolorist Sedyas (das ist Sergio Román), die viel zum Realismus und der bedrohlichen Atmosphäre beiträgt. Auch die Cyrano-Filmszenen sind farblich fein abgestimmt. Ein weiteres Plus: der Band erscheint als Hardcover, im Gegensatz zu Munueras letzter Reihe „Die Campbells“, die noch im Carlsen-typischen Softcover daher kam. (bw)

Rostige Herzen, Band 1: Debry, Cyrano und ich
Text & Story: Beka
Bilder: Jose Luis Munuera, Sedyas (Farben)
72 Seiten in Farbe, Hardcover
Carlsen Verlag
18 Euro

ISBN: 978-3-551-79997-5

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