Isnogud: Die Tabary-Jahre (Carlsen)

März 15, 2023
Isnogud: Die Tabary-Jahre - 1878-1989 (Carlsen Verlag)

Blicken wir doch zuerst auf den nicht gerade unkomplizierten Verlauf der deutschen Isnogud-Veröffentlichungen der letzten Jahre. Letzte Jahre, das heißt ab dem Start der Gesamtausgabe 2008 in der Egmont Comic Collection. Dort erschienen bis 2010 in flottem Abstand neun Bände, die einerseits die klassischen Geschichten von René Goscinny und Jean Tabary enthielten, wie auch die Album langen Episoden, die Tabary nach dem frühen und plötzlichen Tod Goscinnys sowohl zeichnete als auch schrieb. 2016 lancierte dani books eine Edition mit den neuesten Alben, die Tabarys Sohn Nicolas zeichnete (Vater Jean Tabary starb 2011). Hier erschienen bisher zwei Ausgaben – „Isnogud Präsident“ und „Wie der Vater so der Sohn“ (Jano Rohleder von dani books schaffte es 2017 sogar, Nicolas Tabary zum Comicfestival nach München zu locken). Diese beiden Alben sind auch im zehnten und letzten Band der Gesamtausgabe enthalten, den Egmont 2017 nachschob. Außerdem beinhaltet Band 10 das letzte noch von Jean Tabary beaufsichtigte Abenteuer „Tausendundeine Nacht für den Kalifen“ (2008), das im Zack Magazin vorab gedruckt wurde.

Soweit, so verworren. Aber es geht noch weiter. Inzwischen ging die Lizenz um den schändlichen Großwesir an den Carlsen Verlag über. Hier startete man die „Isnogud Collection“ mit dem mächtigen Schuber „Die Goscinny-Jahre“, der vier Hardcover-Sammelbände umfasst und der für schlappe € 159,– zum 50-jährigen Jubiläum der Reihe 2020 erschien. Aktuell legt Carlsen mit „Die Tabary Jahre 1978-1989“ nach. In dem dicken Band sind wieder jene Geschichten gesammelt, die Jean Tabary nach Goscinnys Tod im Alleingang schuf und die auch in den Egmont Gesamtausgabe-Bänden 5 bis 8 enthalten sind. Und für den August ist im Rahmen der „Isnogud Collection“ angekündigt: „Isnogud – 33 Geschichten von Goscinny und Tabary“. Diese dürften dann sowohl im Carlsen Schuber als auch in der Egmont Gesamtausgabe zu finden sein. Spätestens hier ist die Frage erlaubt wie berechtigt, ob man die neuen Carlsen Veröffentlichungen braucht, wenn man die (freilich inzwischen vergriffene) Gesamtausgabe von Egmont sein eigen nennt…

Aber jetzt zum Band „Die Tabary Jahre“. Die gravierendste Änderung, die Jean Tabary als Zeichner UND Autor am Wesen seiner Figur und der Storys vornahm war, dass er statt kurze Episoden (wie René Goscinny es bevorzugte) nun Album lange Geschichten schrieb. Dennoch beginnt der Band mit der kurzen, aber nicht mehr von Goscinny erdachten Episode „Das Paradekissen“, bis dann der Abdruck der Alben startet. Die Inhalte sind im Prinzip schnell erzählt, handelt es sich doch wie immer stets um Variationen desselben ewigen Grundmotivs der Reihe: Der schändlicher Großwesir will Kalif werden will anstelle des Kalifen. „Isnoguds Kindheit“ startet mit skurrilen Begegnungen. Denn durch Zauberei treffen Isnogud, der Kalif und Handlanger Tunichgud auf ihr jugendliches Ich, wobei auch der Ursprung von Isnoguds Obsession (ihr wisst schon…) erklärt wird. Turbulent, aber stimmig und witzig erzählt, inklusive originellem Verweis auf eine andere berühmte Goscinny Serie, die im fernen Gallien spielt…

„Isnogud und die Frauen“ ist da holpriger und beschäftigt sich mit dem Harem des Kalifen, außerdem spielen ein seltsames, sprechendes Brett und ein Zauberkorsett eine Rolle. Wie so oft lockern anachronistische Begegnungen (Marlene-Miederwaren, Uncle Sam) die Handlung auf, die hier insgesamt zu klamaukhaft und überdreht erscheint. In „Isnoguds Komplize“ nahm Tabary für den deutschen Markt eine Änderung vor. Denn beim Höllenfürst, der sich ärgert, dass Isnogud noch immer nicht Kalif ist, wohnt u.a. ein spezieller „Gast“, der in der hiesigen Fassung ausgetauscht wurde. Hier kommen jetzt beide Versionen zum Abdruck. Ein ganz besonderes Geschenk spielt eine Rolle in „Isnoguds Geburtstag“: Eine Zauberschachtel, geschickt vom Magierverband Bagdads. Damit Isnogud sein Ziel endlich erreicht, ist beim Auspacken allerdings unendliche Geduld gefragt. Ein völlig untypischer Wutausbruch steht am Anfang des abschließenden „Isnogud endlich Kalif?!“, denn Isnogud beschließt, nicht länger Kalif werden zu wollen. Zur Verwirrung des Kalifen selbst, wollte der doch Isnogud als Nachfolger installieren. Jetzt müssen dafür die drei verstoßenen Brüder des Kalifen aufgetrieben werden…

Der ausführliche Sekundärpart, der dem Comicteil voransteht, beschäftigt sich mit Isnogud im bewegten Bild, beginnend mit einer noch zu Lebzeiten Goscinnys geplanten Verfilmung 1973 im massiven Hollywood-Format (mit Louis de Funes als Isnogud – wie passend!), aus der freilich nie etwas wurde, mit der viel später, 1995 realisierten 52-teiligen Zeichentrick-Serie, bis zum knallbunten Kinofilm von 2005, der jedoch eher bescheidene Kritiken einheimste. Wer die Ehapa-Gesamtausgabe sein eigen nennt, der mag auf diesen Band verzichten können (es sei denn, die Fan-Seele befiehlt den Kauf). Allen, die die neue Schuber Ausgabe der „Die Goscinny-Jahre“ haben, machen hier natürlich nichts falsch, auch wenn einige Motive auf Albumlänge ausgedehnt im Laufe der Geschichten arg strapaziert werden. Sei’s drum. (bw)

Isnogud: Die Tabary-Jahre – 1978-1989
Text & Bilder: Jean Tabary
296 Seiten in Farbe, Hardcover
Carlsen Comics
39 Euro

ISBN: 978-3-551-79312-6

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