Inzwischen hat Hauptmann Svoga nach einer perfiden Aktion das Kommando über den schwer angeschlagenen Soldatentrupp übernommen, doch bleibt die Situation trotzdem angespannt. Denn ein heftiger Schneesturm wütet rund um das einsam im Wald gelegene Gutshaus, was das Jagen und damit die Verpflegung der teilweise schwer verletzten Männer massiv beeinträchtigt. Also was tun? Bleiben und den Tod der Verletzten in Kauf nehmen oder sich doch zu den eigenen Truppen durchschlagen? Die Entscheidung wird Svoga abgenommen, denn Andrej schart einige Getreue um sich, bereit zur Meuterei. Das bleibt den Kindern, die heimlich im Gutshaus (über)leben, nicht verborgen. Die vertreiben sich die Zeit mit Geschichten erzählen, was außerdem vom Hunger ablenkt. Bis die Lage im eigenen Haus und von außen immer bedrohlicher wird…
Mit dem Mythos um den letzten Schatten, der im ersten Band aufgebaut wird, räumen Autor Denis-Pierre Filippi (u.a. „Colony“ und „Terra Prohibita“, beides auch bei Splitter) und Zeichner Gaspard Yvan hier überraschend schnell und unspektakulär auf. Die gespenstische Figur wird quasi entzaubert, wobei eine kurze, rationale wie auch nicht uninteressante Hintergrundstory als Rückblende den Mythos ersetzt. Im Zentrum stehen in diesem zweiten und gleichzeitig letzten Band Andrejs „Rebellion“, die – so viel sei verraten – zwar blutig, aber anders als gedacht und geplant endet und die noch im Verborgenen lebenden Kinder, welche von der Baronin versorgt werden und die in den beiden Töchtern des namenlosen Truppenarztes längst neue Verbündete gefunden haben. Schließlich eskaliert die Situation erneut, aber wieder von anderer Seite.
Die Geschichten der Kinder werfen ein Bild auf deren tragische Vergangenheit und betonen damit die Wichtigkeit ihrer jetzigen Bleibe. Im actionreichen, blutigen Finale präsentieren Filippi und Yvan wieder den besonderen Kniff des Zweiteilers und lassen den abschließenden Existenzkampf zur abstrakten Fantasy-Schlacht werden, als das Geschehen noch einmal visuell die Perspektive der Kinder einnimmt. So entsteht eine märchenhaft gruselige Komponente, die auch nicht aufgelöst wird und damit Interpretationsspielraum bietet. Gaspard Yvan, der hier seine erste Comicarbeit als Zeichner abliefert, beindruckt auch hier mit einem reifen Stil, originellen Perspektiven und stimmigen Farben, die die winterliche Tristesse des Settings betonen. Aber auch jeder Winter geht mal vorbei und macht dem Frühling Platz. So auch hier. (bw)
Der letzte Schatten, 2. Kapitel
Text & Story: Denis-Pierre Filippi
Bilder: Gaspard Yvan
48 Seiten in Farbe, Hardcover
Splitter Verlag
16 Euro
ISBN: 978-3-96792-185-4